In der zweiten Hälfte der 90er Jahre wurde der italienischen Literatur gleich eine ganze Reihe an neuen Begriffen beigelegt. Ganz offensichtlich wurde ein Bruch mit früheren literarischen Trends festgestellt, den es galt, benennbar zu machen: die Rede war von der Letteratura pulp, von den giovani scrittori oder von einer ‚Neuentdeckung des Erzählens‘ im New Italian Epic. Den italienischen Erzähler*innen wurde eine enthusiastische Hinwendung zur Popkultur, ein selbstbewusstes Spiel mit Autorfunktionen und Leseerwartungen, eine Faszination für die Darstellung von Gewalt und Sex, und eine (zumindest tendenzielle) Distanzierung von den ‚minimalistischen‘ Erzählstilen der späten 1980er und der 1990er Jahre attestiert. An ihre Stelle sei eine neue Lust am Fabulieren und am Märchenhaften und eine Faszination für komplexe Handlungsverflechtungen, Komik, Absurdität und für die Sinnfreiheit des menschlichen Lebens unter den Bedingungen der kulturellen Postmoderne getreten. In diesem Seminar soll die Literatur der Jahrtausendwende und der Folgejahre vor allem auf ein weiteres Charakteristikum hin untersucht werden, welches viele der Texte kennzeichnet: Ihre Integration und Verarbeitung von anderen Medien, allen voran Film, Fernsehen, Zeitung und (Pop)Musik, aber auch das Internet und seine sogenannten ‚sozialen Medien‘, oder die Kommunikation über Mail, SMS und Kurznachrichtendienste. Für die Analyse der narrativen Funktionalisierung von Medien in den postmodernen Romanen der italienischen Literatur wird im Seminar das theoretische und begriffliche Instrumentarium der Intermedialitätsforschung erarbeitet und auf kritisch-reflektierte Weise Anwendung finden. Dabei werden auch Fälle der Medienübertragung (z.B. Verfilmung) thematisiert.
Studierende werden nicht nur Kenntnisse über die italienische Literatur der letzten zwanzig Jahre, ihre spezifischen Themen und ihre ästhetischen Tendenzen erwerben, sondern auch den Ansatz der Intermedialitätsforschung kennen und anwenden lernen.
- Kursverantwortliche/r: Dr. Esther Schomacher