Kurseinschreibung

Literaturschaffende, schreibt Roland Barthes, machen sich nur selten ans Schreiben ohne ein ganzes Knäuel von Gewohnheiten, Praktiken und Instrumenten. Hinter der Schreiblust verbirgt sich oft der Wunsch nach alltäglicher Ausübung einer handwerklichen und „häuslichen Schreibpraxis“. Im Zentrum des Seminars stehen kulturelle Praktiken des Selbermachens (Basteln, Kleben, Schneiden, Nähen, Flicken, Recyceln, Reparieren) sowie deren Funktionen, Reflexionen und Imaginationen in den slawischen Literaturen. Im ersten Teil des Seminars werden wir formalistische, strukturalistische und poststrukturalistische Theorien der „Bastelei“ (V. Šklovskij, Cl. Lévi-Strauss, R. Barthes, J. Derrida, M. de Certeau) kennen lernen und uns den Arten und Weisen des Selbermachens auch aus dem Blickwinkel des material und practical turn annähern. Der zweite Teil des Seminars ist epochen- und autorenspezifische Poetiken des (Selbst)gemachten gewidmet: beginnend bei den historischen Avantgarden über die alternativen Kulturen der 1970er und 1980er Jahre hinaus bis hin zu den digitalen Werkzeugen der Gegenwartsliteratur. Die Verflechtung zwischen Schreiben und Handwerken mündet in vielfältige „poetische Basteleien“, denen wir nachgehen werden: Collagen, Bricolagen, „Reißbilder“, Alben, Lese- und Schreibanleitungen, Flickwerk-Narrative, Samizdat-Schriften, „Recykliteratura“. Die zu diskutierenden Textauszüge liegen auch übersetzt vor und werden in moodle zur Verfügung gestellt.

Semester: SoSe 2024
Selbsteinschreibung (Teilnehmer/in)
Selbsteinschreibung (Teilnehmer/in)