Nicht selten wundern sich Literaturwissenschaftler*innen an
Universitäten darüber, dass Studierende ihre Gedichtinterpretationen mit
metrischen Analysen einleiten oder Dramenanalysen mit der Beschreibung
von Figurenkonstellationen beginnen, auch wenn diese Methoden zum
Verständnis der Texte nichts beitragen. Bei solchen ritualisierten
Praktiken handelt es sich, das wäre jedenfalls eine Erklärung dafür, um
Brauchtum, das aus dem schulischen Literaturunterricht tradiert wird.
Immer wieder jedenfalls wird beobachtet, dass der Literaturunterricht
funktionslose Formanalysen hervorbringt: Es wird, mit anderen Worten,
viel analysiert, aber für was diese Analysen eigentlich gut sind, ist
unklar. Schon anders sähe die Sache aus, wenn solche Analysen von
„Stolperstellen“ ausgingen, an denen Leser*innen vor wirklichen
Problemen stehen. Ausgehend von beobachtbaren Probleme und echten Fragen
an den Text ließen sich in einem nächsten Schritt Methoden wählen, die
tatsächlich etwas zum Verständnis der Texte beitragen. Im Seminar sollen
literarische Texte theoriegestützt daraufhin befragt werden, mit
welchen Stolperstellen, Sackgassen und Verständnishürden Schüler*innen
bei ihrer Lektüre konfrontiert sind und welche Analyse-Operationen und
Arbeitsaufträge sich daran sinnvoll anschließen könnten. Die
Studienleistung besteht in der theoriegestützten Konstruktion einer
Lernaufgabe oder einer Aufgabensequenz zu einem literarischen Text.
- Kursverantwortliche/r: Dr. Stefan Born