Kurseinschreibung

Die Filme der belgischen Regisseurin Chantal Akerman (1950–2015) sind weitgehend dem experimentellen Kino in der Nachfolge der Nouvelle Vague (v.a. der Filmästhetik Jean-Luc Godards) zuzuordnen, das heißt sie brechen mit den Sehgewohnheiten und eröffnen neue und andere Möglichkeiten des Filmerlebens und der Wahrnehmung. Akermans filmisches Gesamtwerk lässt sich autofiktional betrachten: Im thematischen Zentrum steht ihre Mutter Natalia, eine nach Brüssel emigrierte polnische Jüdin und Shoah-Überlebende, die über ihre traumatischen Erfahrungen weitgehend geschwiegen hat. Die Figuren auf der Leinwand repräsentieren die verschiedenen Facetten postmemorialer conditio judaica sowie die diasporische Erfahrung der Entwurzelung und Heimatlosigkeit. Letztere manifestiert sich vielfach in einer mise-en-scène von Heterotopien, Transiträumen und Nicht-Orten des urbanen Raums (Hotelzimmer, Bahnhöfe, Aufzüge, Transportmittel) in Osteuropa, Brüssel, Paris und den USA. Darüber hinaus subvertiert Akerman als queere Regisseurin und Schauspielerin die heteronormative Geschlechterordnung, wobei alternative Begehrensformen oftmals nur allusiv umspielt und in einer Potentialität belassen werden, so dass keine eindeutigen Festschreibungen vorgenommen werden können.

Im Seminar wird eine Reihe von Akerman-Filmen untersucht, u.a. Hotel Monterey (1972), Jeanne Dielman, 23, quai du Commerce, Bruxelles (1975), Les rendez-vous d’Anna (1978), Toute une nuit (1982), Portrait d’une jeune fille de la fin des années 60, à Bruxelles (1993) und Demain on déménage (2004). Hinzugezogen werden kulturwissenschaftliche Raumtheorien (Foucault, Augé), zentrale Positionen der Gender und Queer Studies (Butler, Kosofsky Sedgwick) sowie der Intersektionalität (Stögner). Wir wollen versuchen, die erarbeiteten Theorien auf die Filme anzuwenden und das Verhältnis von Jewishness und Queerness auszuloten.

Die Originalsprache der Filme ist Französisch, in der Regel sind englische Untertitel verfügbar. In einigen Filmen wird aber auch gar nicht oder nur sehr wenig gesprochen. Daher sind Französischkenntnisse von Vorteil, aber nicht zwingend erforderlich.

Semester: WiSe 2023/24
Selbsteinschreibung (Teilnehmer/in)
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