Kurseinschreibung

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Unter Kulturtechniken versteht man materiell verankerte Praxen, die fundamentale Konzepte und Denkformen wie „Bild“, „Schrift“ und „Zahl“ operabel machen. Unter diesem Blickwinkel treten die vielfältigen Aufschreibesysteme hervor, die auch der Musik zugrundliegen. Das Seminar wählt hier eine wissensgeschichtliche Perspektive, um den Wissensaspekt von Musik und ihre Rolle bei der Konstitution von Wissen herauszuarbeiten.

Die Akustik, die sogenannte „Hall- und Tonkunst“ wurden in der Frühen Neuzeit zu Wissensformen, die sich über ihre Verbindung zu Mathematik und Proportionenlehre legitimierten. Diese Felder konnten bei antiken Wissensbeständen anknüpfen, wurden nun aber im Kontext einer erweiterten Naturforschung zu einem Modus der Erzeugung neuer Evidenzen. Musik wurde geradezu zu einem Paradigma der Erkenntnisbildung und zu einem Medium wissenschaftlicher Neugier ( curiositas ). Instrumentelles, also an Instrumente gebundenes Wissen, beförderte die Entwicklung von Experimenten, an denen Grundlegendes über den Zusammenhang von Element und Kosmos, Sinnesempfindung und Vernunfturteil sichtbar wurde. So verwundert es nicht, dass sich viele Gelehrte der frühen Neuzeit akustischen Fragen zuwandten.

Das Seminar wird Texte von Francis Bacon, Marin Mersenne und Athanasius Kircher bis hin zu Leibniz und Newton heranziehen, um die Tragweite der akustisch-musikalischen Denkformen zu ergründen und damit auch einen wichtigen Aspekt der Fachgeschichte der Musikwissenschaft zu thematisieren.

Literatur:
Tomlinson, Gary, Music in Renaissance Magic: Toward a Historiography of Others , Chicago 1993.
Dahlhaus, Carl, Sigalia Dostrovsky, John T. Cannon, Mark Lindley und Daniel P. Walker Hören, Messen und Rechnen in der frühen Neuzeit , Darmstadt 1987 (=Geschichte der Musiktheorie, 6).
Motte-Haber, Helga de la, (Hrsg.), Musiktheorie , Laaber 2005 (=Handbuch der Systematischen Musikwissenschaft, 2).
Gouk, Penelope, Music, Science and Natural Magic in Seventeenth Century England , New Haven 1999.
Schramm, Helmar et al. (Hrsg.), Instrumente in Kunst und Wissenschaft. Zur Architektonik kultureller Grenzen im 17. Jahrhundert , Berlin/New York 2006 (=Theatrum scientiarum, 2) .
Schramm, Helmar et al. (Hrsg.), Kunstkammer, Laboratorium, Bühne – Schauplätze des Wissens im 17. Jahrhundert , Berlin/ NewYork 2003 (=Theatrum scientiarum, 1).
Cypess, Rebecca, Curious and modern inventions: instrumental music as discovery in Galileo`s Italy , Chicago 2016.

Websites

Research Group „Epistemes of Modern Acoustics” am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte (Prof. Dr. Viktoria Tkaczyk, Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der HU), siehe
https://www.mpiwg-berlin.mpg.de/de/node/33
Projektseite „Epistemische Dissonanzen. Wissensobjekte und Werkzeuge frühneuzeitlicher Akustik“, Ltg. Prof. Tkaczyk (s.o.), siehe http://www.sfb-episteme.de/teilprojekte/handeln/C04/index.html


Semester: SoSe 2023
Selbsteinschreibung (Teilnehmer/in)
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