Daphne Du Maurier schuf mit ihrer Erzählung Don’t look now 1971 die Vorlage für den ikonischen Horror-Film Wenn die Gondeln Trauern tragen.
Als Ort der Trauer wie der Imagination und des Kunstschaffens ist die
Inselstadt Venedig schon seit Jahrhunderten Gegenstand zahlreicher Werke
der europäischen Literatur, in denen sich auch die Symbolik des Todes
widerspiegelt: In der Reiseliteratur, in Erzählungen oder Lagunenlyrik.
Die topographische Lage der Stadt im Meer, ihre eigene steinerne
Tonalität, die Besonderheit gegenüber anderen Stadterfahrungen sowie die
Rolle von Kunst und Karneval stoßen vielfältige literarische
Auseinandersetzungen an und arbeiten mit am literarischen Mythos
Venedig.
Von Goethes Italienischer Reise oder seinen Venezianischen Epigrammen über E.T.A. Hoffmanns Doge und Dogaresse bis zu Thomas Manns Der Tod in Venedig gewinnt
die Stadt und ihre Topographie eine erzählerische wie lyrische Kontur
und wird neben allem Lebendigen doch auch zum Symbol von Trauer, Tod und
Vergänglichkeit. So ist Venedig Schauplatz von Schillers Romanfragment Der Geisterseher und
poetischer Ort von Gedichten Rainer Maria Rilkes: “Nun treibt die Stadt
schon nicht mehr wie ein Köder, / der alle aufgetauchten Tage fängt”,
heißt es in Spätherbst in Venedig. Der Mythos Venedig soll zum
‚Köder‘ einer gemeinsamen Sichtung der Parameter dieser literarisch
erschriebenen Topographien werden. In der Erarbeitung verschiedener
Textsorten aus unterschiedlichen Jahrhunderten sollen die Konstanten und
Variablen der Fremdheitserfahrung von Autor:innen herausgearbeitet
werden, die gerade auch die deutschsprachige Literatur immer wieder zu
einer Auseinandersetzung reizt.
Als Arbeitsleistung ist neben den
gemeinsamen, durchaus umfangreichen Lektüren, die Grundlage der
gemeinsamen Seminardiskussion sind, die kollaborative Erarbeitung einer
literarischen Kartierung vorgesehen: Literarische Hotspots oder
vielleicht ganze Routen sollen so abgesteckt und in ihren
Tiefendimensionen ausgeleuchtet werden.
Anfang Oktober 2023 wird im Anschluss an das im Seminar Erarbeitete eine sechstägige Exkursion nach Venedig angeboten.
Erik Schilling und Oliver Bach haben unlängst mit ihrem 2022 erschienenen Band Venedig in der deutschen Literatur
einen erneuten Vorstoß von Forschungsperspektiven auf diesen Gegenstand
vorgelegt, an den sich in den gemeinsamen Erkundungen und Lektüren
anknüpfen lässt.
- Kursverantwortliche/r: Constanze Baum
- Kursverantwortliche/r: Salome Zacher