‚Genealogie‘ ist ein weitläufiger Begriff, der es mit Ursprung und
Entstehung, Geschlecht und Fortpflanzung, Zeitrechnung und Geschichte zu
tun hat. Schon mythische Erzählungen schildern Weltentstehung und
Weltgeschichte als genealogisches Geschehen zwischen Göttern und
Menschen. In Mittelalter und Früher Neuzeit werden genealogische
Argumente einerseits zur Legitimierung adliger Herrschaft eingesetzt,
andererseits in literarischen Fiktionen beträchtlich verkompliziert. Mit
der beginnenden Moderne um 1800 machen sich ‚neue Generationen‘ an die
radikale Veränderung der Gesellschaft, während Familienromane und dramen
von Krisen der Abstammung und Reproduktion erzählen – eine
Konstellation, die heute im Zeichen einer selbstdeklarierten ‚letzten
Generation‘ wieder von besonderer Dringlichkeit ist. Die VL erkundet die
Literatur-, Kultur- und Wissensgeschichte genealogischer Konzepte und
fragt auch nach ihren kulturtheoretischen Verwendungsweisen, z.B. in
Friedrich Nietzsches provokativem Entwurf einer „Genealogie der Moral“
oder in Michel Foucaults Arbeiten zur Genese von Wissen, Subjekt und
Macht.
- Kursverantwortliche/r: Leonie Bartel
- Kursverantwortliche/r: Margarethe von Campe
- Kursverantwortliche/r: Prof. Dr. Stefan Willer