Kurseinschreibung

„Das Gute – dieser Satz steht fest – / Ist stets das Böse, was man läßt!“ 

Oder: „Also lautet ein Beschluss: / Daß der Mensch was lernen muss.“ 

Oder: „Eins zwei drei, im Sauseschritt / Läuft die Zeit; wir laufen mit.“ 

Ist Wilhelm Busch bis heute mit seinen gereimten Sentenzen in aller Munde und längst zum Klassiker avanciert – inklusive hohem bildungsbürgerlichem Wiedererkennungswert, bewegter Rezeptionsgeschichte, Museum und reger literarischer Gesellschaft, diversen Werkausgaben und einer historisch-kritischen Ausgabe –, so hat sich die jüngere medienwissenschaftlich orientierte Germanistik doch große Teile seines Werks oder einen genauen Blick in dasselbe bislang entgehen lassen. Dabei lädt es dazu ein, Text-Bild-Welten zwischen Restauration und Moderne zu entdecken, zwischen epigonal-massenwirksam adaptierter populärer Wort- und Bildtradition (frühneuzeitliche Kleinepik, Holzschnitt) und ‚Avantgarde‘, zwischen Satire, (entleerter) Moraldidaxe, schopenhauerschem Pessimismus und der Brutalität vieler Bildergeschichten, die infantile und sadistische Gelüste gleichermaßen bedienen. Überdies ist Busch ein Meister der brevitas; ein Stilideal ist die Kürze – in Form und Bild: Kürze auf der Ebene des Textes, vorgetragen im kunstvoll-kunstlosen genus humileseiner ‚biedern und bummlichten‘ Verse, Reduktion, Abstraktion auf derjenigen des Bildes. In einer Zeit der rasanten Transformation des Kunst- bzw. Buch- und Zeitschriftenmarkts und innerhalb der engen Grenzen der von ihm gewählten Ausdrucksformen und -formate reagiert er nicht nur auf Impulse der Innovation, die außerhalb seiner graphischen Welten stattfinden, sondern schafft selbst in jahrhundertealten Medien wie dem Holzschnitt Innovationszellen, die auf künftige künstlerische Entwicklungen (etwa im Film, Fotografie und Comic) vorausdeuten.

Im Seminar soll die Werkgeschichte Buschs literar- und medienhistorisch exemplarisch nachvollzogen, in die Transformation des Kunst- bzw. Buch- und Zeitschriftenmarkts eingebettet werden und – bei den Bildergeschichten, die den Schwerpunkt bilden – das arbeitsteilige Erzählen von Text und Bild ebenso wie die Komik Buschs Gegenstand der Analyse sein.

Die Arbeitsleistung besteht in Text- und Medienpatenschaften mitsamt (wahlweise mündlichen oder schriftlichen) Kurzpräsentationen. 

Die Textgrundlage, die in einem Moodle-Reader bereitgestellt wird, reicht von Max und Moritz (1865) über die Arbeiten aus den Fliegenden Blättern und Münchener Bilderbögen, etwa Diogenes und die bösen BubenDer Virtuos, u.a., Der heilige Antonius von Padua (1871), Die fromme Helene (1872), den Gedichtband Kritik des Herzens (1874), Die Knopp-Trilogie (1875/77), Fipps der Affe (1879), Balduin Bählamm (1883) – Maler Klecksel (1884) bis zu Eduards Traum (1891) und den in die posthum veröffentlichte Sammlung Hernach(1908) eingegangenen Schnipseln.

multiple Triggerwarnung! körperliche Gewalt, Sadismus, Misogynie, Tierquälerei

zur Einführung: 

Gert Ueding: ... und Poet dazu. Der Schriftsteller Wilhelm Busch. In: Ueding: Die anderen Klassiker. Literarische Porträts aus zwei Jahrhunderten. München 1986, S. 131-155.


biographische Einführungen: 

Deutsche Lebensläufe: Wilhelm Busch. Dokumentarfilm, ARD 2007. Buch und Regie: Harold Woetzel ( )

Eva Weissweiler: Wilhelm Busch. Der lachende Pessimist. Eine Biographie. Köln 2007.

Wilhelm Busch. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Hg. v. Joseph Kraus u. Kurt Rusenberg. 17. Auflage. Reinbek bei Hamburg 2007 (rororo-Bildmonographien; 50163).

Michaela Diers: Wilhelm Busch. Leben und Werk. München 2008.


weiterführend:

Wolfgang Kayser: Wilhelm Buschs grotesker Humor. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1958. 

Niedersächsische Landesausstellung zur 150-jährigen Wiederkehr des Geburtstages von Wilhelm Busch. Ausstellungskatalog: Die Bildergeschichten zwischen Flugblatt und Cartoon. Hannover 1982.

Fritz Novotny: Wilhelm Busch als Zeichner und Maler. Mit 156 Bildern und 5 Farbtafeln. Sonderausgabe für die Wilhelm-Busch-Gesellschaft. Wien 1949.

Walter Pape: Wilhelm Busch. Stuttgart 1977.

Pessimist mit Schmetterling. Wilhelm Busch – Maler, Zeichner, Dichter Denker. Katalog zu den Hannoverschen Jubiläums-Ausstellungen. Hg. v. der Wilhelm-Busch-Gesellschaft. Hannover 2007.

Gert Ueding: Wilhelm Busch. Das 19. Jahrhundert en miniature. Erweiterte und revidierte Neuausgabe [EA 1977]. Frankfurt am Main/Leipzig: Insel, 2007.

Gottfried Willems: Abschied vom Wahren – Schönen – Guten. Wilhelm Busch und die Anfänge der ästhetischen Moderne. Heidelberg 1998.

Semester: SoSe 2023
Selbsteinschreibung (Teilnehmer/in)
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