Kurseinschreibung

„Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein!“ Diese zentrale Aussage, mit der sich die erste Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen im Jahr 1948 prominent der Friedensfrage zuwandte, bringt die Problematik des Christentums und seines ambivalenten Verhältnisses zu Krieg und Gewalt treffend zum Ausdruck. Sie verweist auf ein Sollen, eine ethische Norm, die nicht aufgegeben werden darf, die aber dem Sein keineswegs entspricht. Denn die Geschichte des Christentums ist durch Kriege und Gewaltkonflikte gekennzeichnet, in der diese Norm immer wieder gebrochen worden ist. In etlichen Fällen auch bewusst, indem Gewalt und Krieg durch Kirche und Theologie legitimiert worden sind. Ein Beispiel hierfür ist die Lehre vom gerechten Krieg, die eine lange Tradition im christlichen Denken hat. Aber auch das Konstrukt des Heiligen Krieges und theologische Überlegungen zur internationalen Schutzverantwortung gehören hierher.

Die Vorlesung befasst sich mit der Macht und Ohnmacht religiöser Akteure in Gewaltkonflikten, mit den Erfahrungen, die Christinnen und Christen mit Krieg gemacht, den Vorstellungen und Bewältigungsstrategien, die sie hierüber entwickelt und mit den Hoffnungen, die sie in den Frieden gesetzt haben.

Die Vorlesung wird das Thema in einer longue durée-Perspektive in den Blick nehmen. So werden nicht nur biblische Texte zur Sprache kommen, sondern ebenso Exkurse in die Zeit der Patristik und des Mittelalters unternommen. Der Schwerpunkt wird aber auf Neuzeit und Moderne liegen. So haben die beiden Weltkriege in der ersten und der Kalte Krieg als globaler Konflikt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts enorme Bedeutung für das christliche Nachdenken über Krieg und Frieden erlangt. Es kam in dieser Zeit nicht nur zu einer massiven Kritik an der Lehre des gerechten Krieges, sondern ebenso zu einem Perspektivwechsel, der sich an dem Leitbild „Gerechter Friede“ verdeutlichen lässt.

Die Vorlesung bietet somit Einblicke in die historische Friedens- und Konfliktforschung, wobei auch Grundlagen der christlichen Friedens- und Konfliktethik zur Sprache kommen. Im Fokus steht dabei die Geschichte des westlichen Christentums. Zum Verhältnis von Krieg und Frieden in den orthodoxen Kirchen wird innerhalb des Moduls ein eigenes Seminar zu dem Thema angeboten.

Semester: SoSe 2022
Selbsteinschreibung (Teilnehmer/in)
Selbsteinschreibung (Teilnehmer/in)