Seit den 1970er Jahren sind in der Musikanthropologie, Musiksoziologie, Ethnomusikologie und Musikpsychologie systematische Zugänge zur Musik entwickelt worden, die nicht mehr den Werkbegriff oder ästhetisch-hermeneutische Interpretationen in den Mittelpunkt rücken. Vielmehr untersuchen sie die Musik als komplexen Handlungsmodus.
Angereichert durch Erkenntnisse der historischen Verhaltensforschung und Bio-Musikologie wird Musizieren als eine spezifische, erlernte Verhaltensweise beschrieben. Sie spielt offenbar eine Schlüsselrolle bei der Begegnung des Menschen mit sich selbst und bei der Aneignung seiner Umwelt. Darüber hinaus kann musikalisches Handeln zu Synchronisationsleistungen führen. Es wird also nicht nur individuell, sondern auch kollektiv und in Bezug auf seine Sozialisierungseffekte betrachtet.
Im Seminar werden diese handlungsorientierten Zugänge entfaltet und gemeinsam diskutiert.
Literatur:
Keller, Peter, “Joint Action in Music Performance”, in: Enacting Intersubjectivity: A
Cognitive and Social Perspective on the Study of Interactions. F. Morganti, A. Carassa, G. Riva (Eds.), Amsterdam 2008, pp. 205-221.
http://www.neurovr.org/emerging/book8/14_Keller.pdf
Leman, Marc, Embodied Music Cognition and Mediation Technology, Cambridge MA 2007.
Baumann, Max Peter, Art. „Musik“, in: Vom Menschen. Handbuch historische Anthropologie, Hrsg. von Christoph Wulf, Weinheim und Basel 1997.
Oerter, Rolf „Handlungstheoretische Fundierung“, in: Musikpsychologie. Ein Handbuch. Hrsg. von Herbert Bruhn et al., Reinbek 42002, S. 253-267
Brandl, Rudolf M., Musik als kommunikative Handlung. Musikalische Hermeneutik versus Kognitive Anthropologie. Entwurf einer dramatologischen Musikanthropologie, Göttingen 2006 (Orbis musicarum 60).
- Kursverantwortliche/r: Prof. Dr. Sebastian Klotz