Seit dem Anfang des wissenschaftlichen Interesse für mittelalterliche Kunst und Architektur hat die Kathedrale Notre-Dame de Chartres eine zentrale Stelle in der Historiographie gehabt. Einerseits wird sie als wichtige Stufe in der Entwicklungsgeschichte der Gotik wahrgenommen, anderseits wird ihr westliche Portalensemble Hauptwerk der spätromanischen Bauskulptur genannt. Gleichfalls ist das fast völlig erhaltene Glasprogramm eins der Größten dieser Art und stellt wichtige Frage über die Funktion narrativer Kunst sowie über die Integration der hochmittelalterlichen Gesellschaft. Wichtiger Wallfahrtsort, Zentrum der marianischen Frömmigkeit, lokaler politischer Erinnerungsort, Ausgangspunkt für die Kreuzzüge und Geburtsort und Bühne neuer Musik und Liturgie, die Kathedrale von Chartres wird heute unter den verschiedensten Aspekten geforscht.
In diesem Seminar dient Notre-Dame de Chartres als Fallstudie für die "Gotische Kathedrale," und dadurch für die Interpretation monumentaler Kunst des Mittelalters. Es wird gefragt, wie die Wissenschaft einen solchen Bau am Besten kontextualisiert, und wie jeder Kontext die Interpretation bestimmt. In der ersten Hälfte des Semesters werden die Bestandteile der Kathedrale sowie einige Gesichtspunkte der Forschung eingeführt. In der zweiten Hälfte referieren die Studierende über einzelne Details und ihre Interpretationsmöglichkeiten.
- Kursverantwortliche/r: Juliette Calvarin