Die Länder Nordeuropas gehören heutzutage nicht zu den allgemein
bekannten ehemaligen Kolonialstaaten. Dies hat vor allem etwas mit dem
historiographischen Selbstbild dieser Länder zu tun, die sich gerne als
human, tolerant und der Gleichberechtigung aller Menschen zugetan
gerieren. Für die Zeit zwischen dem 16. und frühen 20. Jahrhundert wird
dieses Bild jedoch gestört von einer durchaus dem europäischen Muster
des Kolonialismus entsprechenden Haltung, die erst mit dem Verkauf der
letzten dänischen Kolonien in der Karibik ("Westindien") im Jahre 1917
wirklich beendet wurde. Die dänische und schwedische Historiographie hat
sich lange damit schwer getan, diesen Aspekt der nationalen Geschichte
genauer zu erforschen. Doch im Laufe der letzten ca. 10 Jahre häufen
sich historiographische Darstellungen, die das Thema - bisweilen
wissenschaftlich, öfter populärwissenschaftlich - aufarbeiten. Wir
werden im Kurs fragen, warum dies so ist, was diese Tendenz über die
Gegenwart der nordeuropäischen Gesellschaften aussagt und natürlich vor
allem, wie die koloniale Vergangenheit insbesondere Schwedens und
Dänemarks, aber auch Norwegens und Finnlands, ausgesehen hat.
Nachzudenken ist auch darüber, ob z.B. Gebiete wie Grönland oder die
Antarktis unter dem Begriff des Kolonialismus gefasst werden können oder
wir es hier mit anderen Phänomenen der staatlichen Machtausübung zu tun
haben.
Einführende Literatur:
- Krieger, Martin: Kaufleute, Seeräuber und Diplomaten. Der dänische Handel auf dem Indischen Ozean (1620–1868). Köln; Weimar; Wien 1998.
- Jordaan, Han; Victor Wilson: The Eighteenth-Century Danish, Dutch and Swedish Free Ports in the Northeastern Caribbean: Continuity and Change, in: Dutch Atlantic Connections, 1680-1800. Amsterdam 2014, S. 273-308.
- Lindqvist, Herman: Våra kolonier: De vi hade och de som aldrig blev av. Stockholm 2015.
- Kursverantwortliche/r: MA Corinna Hoffmann
- Kursverantwortliche/r: Ralph Tuchtenhagen
Semester: SoSe 2022