Wie konstituiert sich Wissen, wie finden wir es vor und wie stellt es sich uns dar? Wenn wir heute Schlagworte in Suchmaschinen oder Bibliothekskataloge eingeben, so ist das auch ein Erbe der nach Stichworten sortierten Enzyklopädien und Wörterbücher des 18. und 19. Jahrhunderts. Unser Zugriff auf Wissen ist stets ein durch Ordnungssysteme wie Kataloge, Bild-Atlanten und Lexika vermittelter. Und damit wird das, was als Wissen gelten kann, selbst erst durch diese Wissensordnungen konstituiert. Vom Anspruch der französischen Aufklärung, das Wissen der Welt zwischen zwei Buchdeckel bringen zu können, über Versuche im 19. Jahrhundert, Nationalsprachen in Wörterbüchern abzubilden, bis zu kritischen Wissens-Montagen des 20. Jahrhunderts und digitalen Plattformen wie Wikipedia – hinter jeder dieser Wissensordnungen steht ein epistemologischer Prozess und ein politischer und gesellschaftlicher Kontext. Was für ein Wissensbegriff wird entsprechend durch die jeweiligen Ordnungen geprägt? Diese Prozesse wollen wir im Seminar anhand von konkreten Beispielen beleuchten: Nach welchen Kriterien suchten Diderot und d’Alembert die Titel der Enzyklopädie-Einträge aus? Wie ordneten die Nachfolger der Brüder Grimm die Beispielsätze zu ihren Lemmata auf Zetteln? Wie sah die Arbeit von Archivar*innen aus, die Aby Warburg zu dem Bildmaterial für seinen Atlas verhalf? Wie übersetzt das Internet enzyklopädische Praktiken über Algorithmen ins Digitale? Und welches Suchverhalten generieren dabei welche Inhalte? Der Seminarplan wird in der ersten Sitzung mit den Teilnehmer*innen diskutiert und ggf. erweitert. Ziel des Seminars ist es, auf der Grundlage der Analyse und Diskussion von historischen und zeitgenössischen Beispielen, praktische Strategien für eigene wissenschaftliche, künstlerische oder experimentelle enzyklopädische Projekte zu entwickeln.