Das Mit- und Zueinander von Altem und Neuem Testament ist und bleibt eine der größten Herausforderungen nicht nur für eine Biblische Theologie, sondern insbesondere auch für eine (jüdisch-christliche) Bibelhermeneutik. Wie lässt sich das Alte Testament in Form des Tanach als Heilige Schrift des Judentums und damit als Eigenwort mit Eigenwert einerseits und als gleichwertiger erster Teil der einen, zweigeteilten christlichen Bibel andererseits verstehen und interpretieren?
Das Seminar sucht das Verhältnis von Altem und Neuem Testament auszuloten, indem die Verwendung des Alten Testaments im Neuen anhand ausgewählter Texte analysiert wird. Damit wird einer forschungsgeschichtlich lange Zeit vorherrschenden dialektischen Gegenüberstellung der beiden Testamente (die letztendlich auf die eine oder andere Art und Weise einem Substitutions- oder Relativierungsmodell das Wort redet) entgegengewirkt. In produktiver Auseinandersetzung mit der jüngst erstarkenden Subdisziplin innerhalb der Bibelwissenschaften, die die Verwendung des Alten Testaments im Neuen im Besonderen untersucht, sollen von der Art und Weise, wie die frühen christlichen Gemeinden mit der Bibel Israels umgegangen und ihre „neuen“ Schriften darauf haben aufruhen lassen, wichtige hermeneutische Parameter für die christliche Bibelhermeneutik erarbeitet werden. Dabei werden hermeneutische, methodische, kanongeschichtliche, historische und exegetische Perspektiven in einen fruchtbaren Austausch miteinander gebracht und auch ein Einblick in die religionsgeschichtlich höchst komplexen religionsgeschichtlichen Prozesse von Pluralisierung im 1./2. Jh. n. Chr. gegeben.
- Kursverantwortliche/r: Marie-Therese Gerstner