„Gebt mir Medien, ich bau Euch Welten daraus“ (frei nach Kant)
Mediale Handlungs- und Darstellungsmodelle im Horizont digitaler Weltentwürfe
Vom Menschen her gesehen ist der Weltgedanke ein Aufbruch aus begrenzten Gesichtskreisen und unterlegener biologischer Ausstattung, wie der Theologe und Biologe Reimarus bereits im 18. Jahrhundert formuliert hat: „Ein Mensch kann eben daher, weil die Schranken seiner Kräfte, von Natur, unbestimmt sind, in ein offenes freies Feld hineingehen“ und vieles lernen. Der Kern des Weltgedankens besteht in einer befreienden Erkenntnis: die natürliche und gesellschaftliche Außenwelt ist keine Fertigwelt, die zeitlosen Gesetzmäßigkeiten unterliegt und alles menschliche Handeln auf den Zwang der Notwendigkeit ausrichtet. Es gibt nur eine unermessliche Weltkomplexität, die menschlichen Akteuren Musterbildung und Strukturerfassung abverlangt, zugleich aber auch die Möglichkeit einräumt, im Denken und Handeln, im Entwerfen und Gestalten Weltversionen zu erzeugen, zu imaginieren, zu realisieren. Gegenwärtig werden die Weltmodelle der Philosophie, der Künste und Wissenschaften durch Modellwelten ergänzt und überboten, die am Computer konstruiert, simuliert und durchgespielt werden. In avancierten und popkulturellen Gestaltungen und Aktionen, in medialen und performativen Bild-, Erzähl-, Zeig- und Spielwelten entsteht eine Vielfalt von virtuellen und fiktionalen Welten – hierbei gewinnen KI-Welten als Mensch-Maschine-Korrelationen zunehmend an Bedeutung – in utopischer, heuristischer oder auch in dystopischer Perspektive.
Anhand von Modellfällen sollen die Teil-Ganzes-Beziehungen, die Wege und Alternativen erkundet werden, wie aus konkreten Situations- und Vorgangsbeschreibungen und –gestaltungen ästhetisch-kulturelle Weltversionen werden können. Als Modellfälle sind neben dem Filmklassiker „Truman Show“ aktuelle Filmversionen vorgesehen, TV-Serien wie Wayward Pines, True Detective, Real Humans, Weltversionen in Computerspielen wie Silent Hill, Max Payne II u. a.
Schwerpunkte der Modellanalysen lassen sich durch folgende Fragen umreißen:
Worin unterscheiden sich mediale Weltversionen? Wie verhalten sie sich zur harten Realität der Zwänge und Widerstände? Haben KI-Aktanten eine Welt? Kann Ihnen eine Mensch-Maschine-Symbiose zu einer Welt verhelfen? Wie kann eine KI-Welt beschaffen sein?
- Eleonore Kalisch: Eleonore Kalisch