Kurseinschreibung

Als vor gut 20 Jahren der Chemienobelpreisträger Paul Crutzen auf einer geologischen Fachtagung, die seit etwa 11.000 Jahren stabile Klimaepoche des Holozän für beendet erklärte und stattdessen das Anthropozän ausrief, da der Mensch inzwischen als geologische Kraft agierte, der weltweit in der Erdgeschichte seine Spuren hinterließ, hatte er einen der wirkmächtigsten Begriffe der letzten Dezennien geschaffen. Der Terminus Anthropozän umfasst die verschiedenen bedrohlichen Entwicklungen der schmelzenden Pole, der Erderwärmung, der anhaltenden immensen Verluste von Biodiversität, selbst die aktuell grassierende pandemische Zoonose Covid 19 fällt in seinen hermeneutisches Feld. Dieses anbrechende Zeitalter stellt nicht nur die Naturwissenschaften und Technologien vor immense Herausforderungen, sondern fragt auch Kunst und Kultur, wie ein einvernehmliches Zusammenleben der menschlichen und nichtmenschlichen Erdbewohner in Einklang mit den verschiedenen Sphären gestaltet werden kann. Aber wodurch wird eine Kunst des Anthropozäns charakterisiert? Welche Form entspricht den verheerenden ökologischen Befunden? Lassen sich das Schöne oder gar das Erhaben als maßgebliche Kategorien für eine anthropozäne Kunst gewinnen?

Immanuel Kant hatte das Schöne als freies Spiel von Sinn und Sinnlichkeit konzipiert, während das Erhabene wie der unendliche Sternenhimmel die Grenzen des Verstandes übersteigt oder sich angesichts des tobenden Meeres dem Schrecken assoziiert zeigt. In der postmodernen Ästhetik Jean-Francois Lyotards wurde darüber das Unübersteigbare des Entsetzens angesichts des Holocausts. Wie lässt sich das Erhabene heute, angesichts des durch das Anthropozän gegebenen globalen Bedrohungshorizonts diskutieren und deuten? 

Im ersten Teil des Seminars wird dieser Frage zunächst auf theoretischer Ebene nachgegangen, während die Teilnehmenden im zweiten Teil aufgefordert sind, selbst Kunstwerke zu erstellen, die sich mit dem Anthropozän in verschiedensten Disziplinen wie Text, bildender Kunst über Musik, Videos, Handyfilme etc. auseinandersetzen.


Semester: SoSe 2021
Selbsteinschreibung (Teilnehmer/in)
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