Mit dem »Archiv der Flucht« entsteht ein digitaler Gedächtnisort, der an Flucht nach Deutschland im 20. und 21. Jahrhundert erinnert. In mehrstündigen Gesprächen dokumentiert und reflektiert es die Erfahrungen mit Flucht und Vertreibung, Heimat und Exil, Zugehörigkeit und Neuanfang auf Video. Als digitale Plattform legt es ein systematisiertes, online zugängliches Archiv an. Das steht damit nicht nur einer allgemeinen Öffentlichkeit zur Verfügung, sondern auch als Quelle und Rechercheinstrument für wissenschaftliche oder journalistische Forschungen. Das »Archiv der Flucht« soll die Erinnerungen der Vergangenheit vor dem Vergessen oder Verdrängen bewahren, zugleich aber auch aus diesen Erinnerungen heraus die Gegenwart moderner Migrationsgesellschaften und die Begriffe, mit denen wir sie belegen, besser einzuordnen helfen.
Anlässlich der Veröffentlichung des Online-Archivs mit einer Konferenz vom 30. September 2021 bis 3. Oktober 2021 wird es erstmals in einer Installation im Berliner Haus der Kulturen der Welt und in einer Ausstellung bis Anfang 2022 zu sehen sein. Während der Ausstellung werden in Workshops u.a. mit Schüler*innen und Lehrer*innen politische Bildungsprojekte initiiert. Theoretiker*innen und Aktivist*innen diskutieren bei der Konferenz zentrale Fragen entlang des Online-Archivs von (Migrations-)Geschichte und Gedächtnis, von Recht und Grenzregime usw.
Welche Formen des Erinnerns und Bezeugens braucht es in unseren heutigen Einwanderungsgesellschaften? Welche Ähnlichkeiten teilen die unterschiedlichen Erzählungen von Flucht und Ankommen im Zeitraum von 75 Jahren Bundesrepublik und DDR? Was unterscheidet sie? Was offenbaren uns die Erinnerungen der nach Deutschland geflüchteten Menschen über das Selbstbild dieser Gesellschaft? Welche Begriffe sind angemessen, wenn wir die Mobilität von Menschen verstehen wollen? Solche und weitere Fragen gilt es im Seminar zu diskutieren.
Das Projektsmeinar begleitet, nach einführenden Sitzungen, die Arbeit zur Veröffentlichung des Archivs als auch die Vorbereitung der Konferenz und Installation/Ausstellung mit ihren bildungsorientierten Formaten. Den Studierenden werden aktuelle Ansätze der Migrationsforschung ebenso nähergebracht, wie sie Einblick in kuratorische Tätigkeiten und die Organisation von Veranstaltungen und Bildungsarbeit in der Migrationsgesellschaft erhalten und mit dem Online-Archiv arbeiten können. Je nach pandemischer Lage enthält das Projektseminar eine ganze Reihe von Praxiselementen.
- Kursverantwortliche/r: Prof. Dr. Manuela Bojadzijev
- Kursverantwortliche/r: Antonia Welch Guerra