Kurseinschreibung

Donnerstag, 10-12 Uhr c. t.

Jede Zeit habe und brauche ihre Held:innen, heißt es. Das wiederum bedeutet, dass die jeweiligen Held:innen einer Zeit symptomatische Rückschlüsse auf die komplexen Umstände zulassen, unter denen sie zu Held:innen werden. So akzentuiert führen Fragen nach Heroik geradewegs hinein in einen Bereich, für den Kulturwissenschaft sich traditionell interessiert: in den Grenzbereich zwischen Individuum, Gesellschaft, Geschlecht, Mythos und Fiktion, Politik und Ökonomie, Macht und Hierarchie.

Dieser Grenzbereich, an dem Held:innenbegriffe ihre Aussagen tätigen, ist der Ort, an dem wir uns während unseres Seminars aufhalten. Dort werden wir mittels verschiedener Autor:innen Probebohrungen vornehmen und uns etwa fragen, für welche Krisen die momentane Konjunktur des Heldischen ‹Lösungen› darstellen könnte. Aber auch kleinformatigere Fragen werden wir uns stellen: Welche sprachlichen, materiellen, symbolischen Praktiken werden zur Heroisierung von Personen oder sogar Gegenständen ausgeführt? Lassen sich dabei Muster erkennen und Kategorien entwickeln?

Den historischen Rahmen unseres Seminars bildet das 20. Jahrhundert mit seinen grundlegenden Wandlungen und Neufestlegungen im Feld des Heroischen. Sie reichen von nazistischen Held:innen über sozialistische Arbeitsheld:innen, kapitalistische Superheld:innen, aber auch Alltagsheld:innen zu den Coronaheld:innen des noch jungen 21. Jahrhunderts.

Trotz der momentanen Omnipräsenz heldischer Anrufungen interessieren wir uns aber gerade nicht für strahlende Held:innen, sondern für die müden, über deren Erschöpfung keine Heroisierung hinwegtäuschen oder -trösten kann. Wir wollen nicht ‹wahres› von ‹falschem›, ‹gutes› von ‹schlechtem› Held:innentum unterscheiden, sondern eine fragwürdig gewordene und damit ‹gegen den Strich› zu lesende Heroik erforschen und überlegen, woher der unstillbare Hunger nach Held:innen kommt. Statt den heroischen Status einzelner Personen argumentativ zu untermauern (und ihn anderen – als Anti- oder Nicht-Held:innen – abzusprechen), wollen wir untersuchen, wer wann warum und wie wen als Held:in deklariert.

Am Ende werden wir womöglich bei einem Vorschlag Ulrich Bröcklings angelangen, nämlich der Frage, ob es nicht grundsätzlich darum gehen müsste, das Heroische kaputtzudenken.


Formalia:

Für die erfolgreiche Anerkennung der Teilnahme am Seminar sind im Laufe des Semesters drei Exposés von je ein bis zwei Seiten zu einem selbst gewählten Text einer Seminarsitzung einzureichen.

Modulabschlussprüfung (MAP): Hausarbeit, mündliche oder multimediale Prüfung.


Auftakt-Lektüren:

Zur Vorbereitung und Orientierung im Vorfeld der ersten Seminarsitzung am Donnerstag, 22.04.:

  • Ute Frevert, «Vom heroischen Menschen zum ‹Helden des Alltags›.» In: Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken. 63.724 (2009), S. 803-812.
  • Andreas Reckwitz. «Die Explosion des Besonderen.» In: Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne. Berlin 2017, S. 7-25.

Zoom-Meeting
:

Über diesen Link gelangen Sie zum Zoom-Meeting der ersten Sitzung (Meeting-ID: 611 0733 1332,  Passwort: Willkommen)

Semester: SoSe 2021
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