Kurseinschreibung

Medium Geld

Dienstags, 16-18 Uhr c.t.

Raum: Pergamonpalais - 0.09 / Georgenstraße 47

Dozent: Bernhard Vief


Kursbeschreibung: 

In seinem 1964 erschienenen Buch Understanding Media stellte der kanadische Medienwissenschaftler Marshall McLuhan fest:

„Keynes entdeckte die Dynamik des Geldes als Medium. Die eingehende Untersuchung dieses einen Mediums ist identisch mit dem Verfahren der gesamten Medienforschung.“ 

Dieses Zitat McLuhans soll den Anstoß geben, das Geld als Baustein in eine allgemeine Medientheorie sowie in den Prozess der Digitalisierung zu integrieren. Damit verbinden sich folgende Leitfragen:

1. Was ist Geld, und inwiefern ist es ein Medium?

Anhand verschiedener Erscheinungsformen des Geldes in Gegenwart und Geschichte soll eine wachsende Symbolisierung des Geldes vom Realwert zum reinen Informationswert nachgezeichnet werden. Beginnend mit Karl Marx‘ Formanalyse der Ware werden ökonomische Kategorien geklärt und in den Kontext einer medienwissenschaftlichen Begrifflichkeit gestellt: Ware/Wert/Informationswert, Transport/Austausch, (Wert-) Speicherung, Übertragung/Übersetzung, Kanal/Code.
Die Frage, wie Geld sinnvoll zu definieren ist, ist hochkomplex und wird uns das ganze Semester über begleiten. Außerökonomische Perspektiven sind z.B. Ansätze, die Geld aus dem Opferkult (Bernhard Laum) und Schuldbegriff (David Graeber) erklären. Bei Interesse können diese Ansätze in den Seminarplan aufgenommen werden.

2. Was ist Digitalisierung - vor dem Hintergrund der Bits als Elementar- und Universalzeichen?
Hier kommt ein Vordenker der Digitalisierung ins Spiel: Ferdinand de Saussure, Begründer der modernen Linguistik und „Vater des Strukturalismus“. Vor allem mit seiner formalen Auffassung von Sprache („Die Sprache ist eine Form und keine Substanz.“) und vom sprachlichen Wert als Element der Sprache nimmt Saussure vorweg, was wir heute als Bits (binary digits) bezeichnen. Die Impulse, die hier aus der Linguistik kommen, werden es erforderlich machen, den Formbegriff sowie den Begriff der so genannten „kleinsten Informationseinheit“ schärfer zu fassen. Es geht hier um einen relativen Wertbegriff im Gegensatz zu Karl Marx‘ objektiver Arbeitswertlehre.

3. Was ist digitales Geld, und wie sollte die Medienwissenschaft sich darauf einstellen?

Im Fokus steht wieder eine linguistische Fundierung, fußend auf Saussures Vergleich von Sprache und Geld. Dieser Vergleich wurde in der Rezeption Saussures zumeist als so genannte Wertmetapher interpretiert (Roland Barthes). Diesem Seminar liegt die Idee zugrunde, den Vergleich nicht als Metapher, sondern wörtlich zu nehmen. Unter dieser Maßgabe verschmelzen der Begriff der Sprache und der des Geldes zur Maschinensprache. Saussure liefert hier nebenbei die Grundlage für eine moderne Geldtheorie. Dieser zugegeben streitbare Blick auf Saussure rückt das digitale Geld in die Nähe eines formalen und intelligenten Sprachmodells, das wie Chat GPT mit Schriftkorpora zu operieren vermag. In diesen Zusammenhang sollen die Kryptowährungen,  der digitale Euro sowie der von China angekündigte digitale Yuan eingeordnet und – auch ethisch – bewertet werden.

Vorausgesetzt wird die Bereitschaft, sich auf verschiedene Wissensgebiete einzulassen. Neben Studierenden der Medienwissenschaft, für die dieses Theorieseminar konzipiert ist, sind auch Interessierte aus anderen Fachbereichen eingeladen. Basisautoren sind Karl Marx, Ferdinand de Saussure, John Maynard Keynes, Marshall McLuhan. Die Literaturangaben erfolgen im Seminarplan.


Semester: WiSe 2023/24
Selbsteinschreibung (Teilnehmer/in)
Selbsteinschreibung (Teilnehmer/in)