Sprache
der Mode, Sprache der Gesten, Sprache des Films, Sprache der Geschlechter etc.
Stets werden wir in der Frage nach Kultur dazu verführt, Sprache als Vorbild
für Kultur und Stile anzugeben. Der so genannte linguistic turn des
französischen Poststrukturalismus feierte die Differenz der Zeichen als
Grundlage aller Sprachen und Kulturen. Aber schon damals entstand die Frage,
wie es sein kann, dass (bis heute auch noch) die Linguisten die Sprache als
Vorbild einer Semiotik der Zeichen ansehen, wo doch Sprache nur ein Teil der
Semiotik ist, wenn man den gleichwohl zahlreichen Wechsel an Materialität in
den Zeichen der Kultur und Kulturen (Moden, Körper, Bilder, Klang etc.) ernst
nimmt. Der linguistic turn wird nur kurz anfangs angeschnitten,
um das so genannte hermeneutische Vorurteil für Kulturgeschichte unserer Zeit
zu verstehen, die ‚lediglich‘ am Ende einer Jahrhundert alten Suche nach der perfekten
Sprache in Europa steht: Chinoiserien des 18. Jahrhunderts, Entwicklung der
Taubstummensprache nach Bacon, binäres Rechnen bei Leibniz, Emblematische
Bücher der Jesuiten, die Entdeckung einer indoeuropäische Sprachfamilie, die
Entstehung des Esperanto etc., um nur einiges zu nennen, was auf dem
historischen Weg in der Suche nach der perfekten Sprache entstanden ist. Es
wird im Seminar also vor allem um das Verstehen dieser Kulturgeschichte gehen,
anhand dessen dann zumindest einige der Erfindungen angesprochen werden können,
um letztlich zu verstehen, woher dieses Begehren in der Definition der Kultur
als Sprache kommt und was davon als Kulturwissenschaftler/in zu halten ist. Wer
schon dazu in der Lage ist, der möge das gut lesbare Buch von (dem Semiotiker!)
Umberto Eco, die Suche nach der perfekten Sprache schon mal lesen.
- Kursverantwortliche/r: Thomas Becker