Die Akustik, die Hall- und Tonkunst wurden in der Frühen Neuzeit zu Wissensformen,
die sich über ihre Verbindung zu Mathematik und Proportionenlehre legitimierten. Diese Felder konnten bei antiken
Wissensbeständen anknüpfen, wurden nun aber im Kontext einer erweiterten Naturforschung zu einem Modus der Erzeugung neuer
Evidenzen. In der entstehenden wissenschaftlichen Akustik wurde ein Wissen quantifiziert, das zugleich noch an übergreifende
Überzeugungen rückgebunden war. So formulierte Marin Mersenne seine mit reichen Beobachtungen und Experimenten
durchsetzte Musiklehre noch als Harmonie universelle (Paris 1636) Ähnlich bilanzierte der Universalgelehrte Athanasius Kircher in
seiner Musurgia universalis (Rom, 1650) die Prinzipien aller konsonanten und nicht-konsonanten Erscheinungen der natürlichen
Welt, darunter auch der musica.
Das Seminar wird Texte von Francis Bacon, Mersenne und Kircher bis hin zu Leibniz und Newton heranziehen, um die Tragweite
der akustisch-musikalischen Denkformen zu ergründen und damit auch einen Aspekt der Fachgeschichte der Musikwissenschaft
zu thematisieren.
Literatur:
Tomlinson, Gary, Music in Renaissance Magic: Toward a Historiography of Others, Chicago 1993.
Dahlhaus, Carl, Sigalia Dostrovsky, John T. Cannon, Mark Lindley und Daniel P. Walker Hören, Messen und Rechnen in der frühen
Neuzeit, Darmstadt 1987 (=Geschichte der Musiktheorie, 6).
Motte-Haber, Helga de la, (Hrsg.), Musiktheorie, Laaber 2005 (=Handbuch der Systematischen Musikwissenschaft, 2).
Gouk, Penelope, Music, Science and Natural Magic in Seventeenth Century England, New Haven 1999.
Schramm, Helmar et al. (Hrsg.), Instrumente in Kunst und Wissenschaft. Zur Architektonik kultureller Grenzen im 17. Jahrhundert,
Berlin/New York 2006 (=Theatrum scientiarum, 2) .
Schramm, Helmar et al. (Hrsg.), Kunstkammer, Laboratorium, Bühne – Schauplätze des Wissens im 17. Jahrhundert, Berlin/New
York 2003 (=Theatrum scientiarum, 1).
Maschinen und Mechanismen in der Musik. 31. Wissenschaftliche Arbeitstagung Michaelstein, 9. bis 11. Mai 2003. Hrsg. von Ute
Omonsky und Hans E. Schmuhl, Augsburg 2006 (=Michaelsteiner Konferenzbeiträge, 69).
Websites
Research Group „Epistemes of Modern Acoustics” am Max Planck Institut für Wissenschaftsgeschichte (Prof. Dr. Viktoria Tkaczyk,
Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der HU), siehe
https://www.mpiwg-berlin.mpg.de/de/node/3863
Projektseite „Epistemische Dissonanzen. Wissensobjekte und Werkzeuge frühneuzeitlicher Akustik“, Ltg. Prof. Tkaczyk (s.o.), siehe
http://www.sfb-episteme.de/teilprojekte/handeln/C04/index.html
- Kursverantwortliche/r: Prof. Dr. Sebastian Klotz