„Horace is the devil to translate.“ bemerkte Ezra Pound einmal höchst treffend, aber vermutlich versteckt sich gerade im Teuflischen das produktive Geheimnis seiner Kunst: Noch Tomas Tranströmer (1931-2015, Nobelpreis 2011) ist beim Horaz-Übersetzen in der Schule zum Dichter geworden. Von Klopstock, Hölderlin und Mörike bis zu Ludwig Greve (1924–91) oder Thomas Kling (1957-2005) hat Horaz ähnliche katalytische Wirkung auf Lyriker ausgeübt oder zumindest deren Ohr und Sinn für eine wortknappe, reimlose, allein durch Syntax und Silbenrhythmus charakterisierte Wortkunst geschärft. Die „Carmina“ des Horaz, der selbst über sechs Jahrhunderte auf die äolische Lyrik von Sappho und Alkaios als Modelle zurückgriff, bilden somit den Schlüssel zu einer Geschichte der europäischen Ode. Und diese Geschichte ist zugleich auch eine Geschichte der Horaz-Übersetzung. Durch Übersetzungsvergleich wollen wir uns den Horazischen Gedichten jeweils nähern und durch Differenzen und Nuancen das Gespür und – soweit möglich – den rationalen Nachvollzug trainieren.


Semester: WiSe 2020/21