Nicht erst seitdem die digitalen Medien versprechen, das Lernen flexibler, individueller und zugänglicher zu gestalten, werden die pädagogischen Einsatzbereiche von Medien diskutiert und erprobt. Mit dem Aufkommen neuer Medientechnologien scheinen immer schon Visionen und konkrete Projekte verbunden zu sein, diese als Lehr- und Lernmittel zu nutzen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzte man große Hoffnungen in die Potentiale, die Grammophon, Film und Rundfunk für die Schul-, Hochschul- und Volksbildung bieten könnten und es entstanden schnell diesbezügliche staatliche und internationale Projekte. So umfasste das Berliner Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht seit 1919 eine Forschungs- und Informationsstelle für den Lehrfilm und es entwickelte Programme für Schulfunk und pädagogischen Rundfunk. Währenddessen wurde durch den Völkerbund im faschistischen Rom das Istituto internazionale per la cinematografia educativa eingerichtet, das den internationalen Austausch über die Möglichkeiten des Unterrichtens mit Filmen befördern sollte. Durch welche Eigenschaften aber werden Film, Rundfunk, Schallplatte und Buch überhaupt erst zu Bildungsmedien? Welche pädagogischen, wissenschaftlichen und politischen Agenden können damit verknüpft sein? Und wodurch zeichnet sich die europäische Bildungsmedienlandschaft der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus?

Mit Blick auf die neu gegründeten staatlichen Institutionen und internationalen Netzwerke widmet sich das Online-Seminar den Politiken, Ökonomien und Technologien von Bildungsmedien im Europa der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Wir erarbeiten die medien- und bildungsgeschichtlichen Kontexte der in dieser Zeit entstandenen „neuen“ und „alten“ Bildungsmedien und üben das Analysieren von Bild-, Ton- und Schriftquellen unterschiedlicher Sprachen.

Semester: WiSe 2020/21