Hans Sachsʼ (1494–1576) extensives literarisches Schaffen umfasst nach
derzeitigem Kenntnisstand 6204 Werke. Er ging als ‚Schusterpoet‘ in die
Literaturgeschichte ein und wurde durch Richard Wagners Oper „Die
Meistersinger von Nürnberg“ dem 19. Jahrhundert vermittelt. Nicht nur
die Produktivität seiner poetischen Schaffensphasen ist markant, sondern
auch die Bandbreite an Gattungen, derer sich Sachs bedient: Neben der
Überzahl an Meisterliedern, verfasste er Spruchgedichte,
Fastnachtsspiele, Prosadialoge sowie 126 tragedi und comedi.
Daneben stellte Hans Sachs sein Schaffen in den Dienst der Reformation
und versifizierte nahezu die gesamte Bibel in Luthers Übersetzung. Er
bediente nicht nur ein geistliches und selbstreferentielles Register,
sondern adaptierte erstmals für den Meistersang weltliche Stoffe. Zudem
befasste sich der Nürnberger Dichter mit dem politischen Tagesgeschehen
seiner Zeit, was 1527 zu einem vorübergehenden Publikationsverbot
führte.
Das SE will sich Sachsʼ Werk über die einzelnen Gattungen und
deren Traditionslinien annähern; so lässt sich beispielsweise
hinsichtlich des Dramas eine Entwicklung vom ‚Reihenspiel‘ hin zum
neuzeitlichen Lustspiel beobachten. Neben diesem gattungsspezifischen
Zugriff soll die mediale Vermittlung der Texte in den Blick genommen
werden, die oral (Meisterlied), performativ (Fastnachtsspiel, Drama) und
gleichfalls bildlich (Flugschriften, Einblattdrucke) geschieht und mit
der Sachs zur Literalisierung der städtischen Mittel- und Unterschicht
beitrug, indem er große Textmassen rezipierte und aufbereitete. In
diesem Zusammenhang ist auch das adressierte Publikum und die damit
verbundene Lizenz für bestimmte Sprechweisen (moralisierend, obszön,
etc.) von besonderem Interesse. Schließlich ist ein intertextueller
Zugang einzubeziehen, der die Adaption von Sachsʼ Prätexten reflektiert
und beispielsweise Sachsʼ Umgang mit den lutherischen Bibelübersetzungen
diskutiert.
Je nach Möglichkeit ist ein gemeinsamer Opernbesuch oder
eine Filmsichtung von Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“
vorgesehen.
- Kursverantwortliche/r: Franziska Lallinger