Seit der Veröffentlichung von Freuds Traumdeutung, für die Traumdeuten als der Königsweg zum Unbewussten galt, ist das Entschlüsseln von Träumen in unseren Gesellschaften zu einer Tätigkeit geworden, die stark mit der Kommunikation von Intimität verbunden ist. Die Tendenz der Psychoanalyse, in ihrer Praxis die persönliche oder familiäre Bedeutung von Träumen zu privilegieren, hat eine Reihe von Autoren dazu veranlasst, Ansätze zu entwickeln, die darauf abzielen, ihnen den Status von gesellschaftlichen Objekten zu verleihen. So stellte der Anthropologe Roger Bastide 1972 fest: "Freud hat den Traum repersonalisiert; jetzt muss er resozialisiert werden." Wie eine Reihe von Anthropologen, Historikern und Soziologen in empirischen Arbeiten mit unterschiedlichen Ansätzen gezeigt haben, sind sie auch als Objekte zu verstehen, die in Gesellschaften, Gruppen und historischen Kontexten angesiedelt sind. Welche Konvergenzen und Divergenzen lassen sich zu psychoanalytischen und psychologischen Ansätzen feststellen, die die Erforschung der Täume im 20. Jahrhunderts weitgehend dominiert haben? Ziel des Seminars wird es sein, einerseits die grundlegenden Texte und Debatten seit Freud vorzustellen und andererseits anhand von Fallstudien epistemologische Fragen zu diskutieren, die den besonderen Status von Träume als Objekten der Sozial- und Kulturwissenschaften betreffen.


Semester: WiSe 2020/21