Nach Heinz Schlaffer ist es „ein elementarer Zweck der Lyrik, […] Geister anzusprechen“ (Geistersprache, 2012). In ihrer Grundsätzlichkeit wird man dieser Bestimmung vielleicht nicht sofort zustimmen wollen – für ein weites Feld des lyrischen Sprechens ist die Anrede bzw. Anrufung einer höheren Macht aber tatsächlich zentral: die geistliche Lyrik. Bittend, preisend oder klagend wird hier immer wieder versucht, ins sprachliche Verhältnis zu einem (oder dem einen) Gott zu treten.
Über die Jahrhunderte ist so ein beachtliches Korpus von Texten entstanden, durch welches das Seminar einen Streifzug unternehmen will. Von den Anfängen der Neuzeit bis in die Gegenwartslyrik hinein will es die Entwicklungen der geistlichen Lyrik an entscheidenden Stellen in den Blick nehmen. Dazu sollen in erster Linie einzelne Gedichte intensiv gelesen werden. Das SE soll so zugleich als Einübung in die gemeinsame interpretative Lektüre lyrischer Texte dienen.

Semester: WiSe 2020/21