Nicht zuletzt der Kniefall, der 2017 von Football-Star Colin Kaepernick
eingeführt wurde und die derzeitigen „Black Live Matters“-Proteste
begleitet, macht deutlich, dass Gesten eine zentrale Funktion zukommt,
um die Bedeutung von Ereignissen zu unterstreichen. Mit Gesten wird
Zugehörigkeit betont, Gesten sind Bestandteil sozialer oder politischer
Rituale.
Bereits mit den Arbeiten von Johan Huizinga oder
Jean-Michel David lässt sich der Ort von Gesten in politischen Ritualen
bestimmen. Mit André Leroi-Gourhan können Gesten als materielle Symbole
verstanden werden; sie gehören zu Markierungstechniken, die mit der
Erfahrung von Zeit synchronisieren.
Das Seminar stellt kurz
historische Forschungen sowie kommunikations- und diskurstheoretische
Perspektiven vor (u.a. J. Links „Kollektivsymbol“). Ergänzend werden
kulturpsychologische (interkulturelle Verstehbarkeit von Gesten) und
kulturphilosophische Aspekte (V. Flusser) eingeführt.
Der
Schwerpunkt liegt auf der Konfrontation aktueller Beobachtungen mit
kulturwissenschaftlichen Fragen nach Gesten – als Kulturtechnik der
Entschlüsselung, der Ausdehnung von Gegenwart, des symbolischen
Verweises auf Vergangenheit. Entsteht die Bedeutung einer Geste, wenn
sie ausgeführt, oder wenn sie beobachtet wird? Wie ist die Beziehung der
Geste zum Raum, wie zur Zeit?
Im Verlauf der Veranstaltung wird in die Schriften ausgewählter kulturwissenschaftlicher Theoretiker eingeführt.
- Kursverantwortliche/r: PD Dr. Kristin Platt