Die Welt als Begriff ist uns als modernem Menschen in vielen Bereichen geläufig. Wir reden von Globalisierung, wir werden Weltmeister, haben eine Weltanschauung, machen Weltreisen bis hin in die Neue Welt, kümmern uns um die Umwelt, tracken uns, betrachten Weltreiche, gehören Weltreligionen an und sind weltoffen. Der Begriff der Welt verbindet somit   nicht allein geographische Horizonte, sondern bezieht sich auch auf die Bereiche Gesellschaft und Kultur. Hartnäckig hält sich hingegen die Ansicht, der Mensch des Mittelalters habe „die Erde für eine Scheibe gehalten“, seine Welt sei weniger komplex gewesen und sein territorialer Wahrnehmungshorizont beschränkt. Gemeinsam werfen wir in diesem Seminar schlaglichtartig einen Blick auf ganz verschiedene Welten des Mittelalters und betreten jede Woche eine Neue. Der großen Welt, die Erde, stand im Mittelalter der Mensch als Abbild der Welt gegenüber. Seine Verwandtschaft mit der Welt drückte sich dabei nicht allein in der Parallelisierung seiner Körperlichkeit mit der der Erde aus, sondern versetzte ihn in eine Wechselwirkung seines Handelns mit dieser. Alles, was er tat, konnte durch die Welt auf ihn zurückgeworfen werden.   Dies hatte Auswirkungen auf sein Verhältnis zu sich selbst. Wie reiste der mittelalterliche Mensch? Welche Vorstellungen waren für ihn bezüglich seiner Umwelterfahrung prägend? Wie sah er die Natur?  Was war die höfische Welt? Was waren die mittelalterlichen Hotspots? Wie sah die Welt der Tiere im Mittelalter aus und wie zog man sich von der Welt zurück? Was ist unter der „Welt der Frau“ im Mittelalter zu verstehen, was waren die Idealvorstellungen? Was geschah nach dem Leben auf der Welt? Wie sah die Welt des Kopfkinos im Mittelalter aus? Und gab es eine Spielwelt? Gemeinsam spüren wir diesen Fragen durch Quelleninterpretationen und Mikroreenactments nach (Letztes, wenn ein physisches Seminar gegeben sein wird) und unternehmen so eine historische Weltreise in mehrfacher Hinsicht. Ziel des Seminars ist es somit, die Studierenden mit einem breiten Spektrum kultureller Vorstellungen und Quellengattungen des Mittelalters vertraut zu machen, ihnen die Möglichkeit zu geben, die Vielschichtigkeit der Mediävistik zu entdecken und  auf sich wirken zu lassen. 

Voraussetzungen: Neugierde auch auf eher abseitige Themen der Mediävistik, extensive Lesefreude, eine hohe Flexibilität und die Bereitschaft, sich jede Woche in ein neues Themengebiet einzuarbeiten, Spaß an überdurchschnittlich unterschiedlichen Quellengattungen.

Semester: WiSe 2020/21