Unsere Erfahrung der Welt ist im Wesentlichen durch Interpretation und Bedeutung geprägt. Wenn ein akustisches Phänomen als Musik erfahren wird, dann wird die Bedeutung, die in unterschiedlichen Kulturen mit den jeweiligen ihnen entsprechenden Begriffen als „musikalisch“ beschrieben wird, einer klanglichen Sequenz und größeren Einheit zugeschrieben.

Unter Berücksichtigung aktueller interdisziplinärer Forschungsansätze zur (musikalischen) Bedeutung, die immer noch vorwiegend aus sprachlicher Perspektive entwickelt werden, stellt sich die Frage, ob die Untersuchung musikspezifischer Bedeutung im Rahmen einer musikalischen Semantik entwickelt werden sollte, die sich an linguistischen und philosophischen Konzeptionen sprachlicher Semantiken orientiert. Solche Theorien repräsentationaler und extensionaler sprachlicher Semantiken versuchen, die Bedeutung von Ausdrücken unabhängig vom Kontext festzustellen und zu zeigen, wie die – im Grunde als aus Sätzen bestehender Text begriffene – Sprache auf die Welt Bezug nimmt. Darüber hinaus wird im Fall repräsentationaler Semantik davon ausgegangen, dass die primäre Funktion der Sprache in der Repräsentation der Welt besteht, so dass Korrektheitsbedingungen erfüllt werden. Kann musikalische Bedeutung im Rahmen solcher Semantiken untersucht werden? Oder muss auf Verstehensprozesse, die die Kontextualität einbeziehen, rekurriert werden, um die Bedeutungszuschreibung zu einer klanglichen Sequenz und größeren Einheit untersuchen und erklären zu können? In dem Seminar werden solche Fragen anhand ausgewählter Texte eingehend diskutiert und in den Kontext musikalischer Grundlagenforschung gestellt.

Semester: SoSe 2020