Die Napoleonischen Kriege haben nicht nur zahlreiche Länder Europas in politische, wirtschaftliche und soziale Wirren gestürzt, sondern teilweise auch zu massiven Veränderungen der Staatsordnungen und Strukturen von Herrschaftsgebieten geführt. In Nordeuropa, wo zwei absolutistisch regierte und multiethnisch konstituierte Staaten - Dänemark und Schweden - in den Strudel der militärischen Konflikte gerieten, war diese Umwälzung besonders deutlich. Das Schwedische Reich verlor mit dem Verlust seines östlichen Reichsteils rund ein Drittel seines territorialen Besitzes. Aus dem an Russland abgetretenen Gebiet formte die zarische Regierung einen neuen, halbautonomen Staat: das Großfürstentum Finnland (1809). Im gleichen Jahr beseitigte ein Putsch hoher Offiziere und Amtsträger das absolutistische System und ersetzte es durch eine konstitutionelle Monarchie. Die territoriale Teilung des Kriegsverlierers Dänemark führte zur Entstehung eines Königreiches Norwegen (1814), das bis 1905 allerdings vom schwedischen König in Personalunion regiert wurde. In Dänemark existierte der Absolutismus weiter, wurde aber nach langem Siechtum 1849 ebenfalls durch eine konstitionelle Monarchie ersetzt. Die mehrfache Verschacherung Schwedisch-Pommerns vergrößerte am Ende das Königreich Preußen und begünstigte u.a. Preußens Aufstieg zur beherrschenden Macht im Norden der Territorien des Deutschen Bundes. Im Kurs wollen wir sowohl eine ereignisgeschichtliche Rekonstruktion dieses außerhalb Skandinaviens recht unbekannten Teils der napoleonischen Epoche versuchen als auch nach den Faktoren, Mechanismen und strukturellen Hintergründen des Systemwandels im Norden fragen. Wichtige Stationen werden sein: Die Seeschlacht (1801) und das Bombardement (1807) von Kopenhagen, der Pommersche Krieg (1805-1807), der Friede von Tilsit (1807), der russisch-schwedische Krieg und Friede von Frederikshamn/Hamina (1809), die Entstehung Finnlands (1809), Napoleons Feldzug nach Russland und seine Folgen für Nordeuropa (1812), die schwedisch-norwegische Union (1814) und der Wiener Kongress (1815).

Studierende der Geschichtswissenschaften sind herzlich eingeladen, an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Skandinavische und finnische Sprachkenntnisse sind nicht unbedingt von Nöten.

Literatur

Rystad, Göran: In quest of trade and security ‒ the Baltic in power politics, 1500‒1990, Bd. 1: 1500‒1890, Lund 1994. Between the imperial eagles. Swedens armed forces during the Revolutionary and Napoleonic wars 1780–1820 (hg.v. Fred Sandsted), Armémuseum, Stockholm 2000 (= Armémuseum. Meddelande. Bd. 58/59, 1998/99). Nelson and the Danes, Barnsley 2002. Aaslestad, Katherine: Lost Neutrality and Economic Warfare: Napoleonic warfare in northern Europe, 1795‒1815,” in: War in the age of revolution, 1775-1815 (ed. by Roger Chickering, Stig Förster), Cambridge 2010, S. 373‒394. Der Kieler Frieden 1814. Ein Schicksalsjahr für den Norden (hg.v. Sonja Kinzler), Neumünster/Hamburg 2014.


Semester: WiSe 2024/25