In diesem Bachelorseminar werden wir uns mit einem kulturwissenschaftlichen und literaturwissenschaftlichen Fokus verschiedenen lateinamerikanischen schamanistischen Traditionen, deren Verständnis von Gesundheit, Krankheit und Heilung sowie Fragen des Bewusstseins beschäftigen. Hierbei sollen nach einführenden theoretischen Texten über Schamanismus, Transpersonalität und den Erfahrungsbegriff unter Einbeziehung von ausgewählten neurowissenschaftlichen Texten drei paradigmatische Organismen und deren geschichtlich über viele Jahrhunderte tradierte Verwendung besonders im Vordergrund stehen: Psilocybin-haltige Pilze, die in der aztekischen Kultur den Namen ‚Teōnanácatl‘ (Gott-Pilz) erhielten und heute meist unter dem Namen ‚Magic Mushrooms‘ bekannt sind, der in Mexiko und Texas vorkommende Meskalin-haltige Peyote-Kaktus (im Aztekischen ‚peyōtl‘) sowie der DMT-haltige Pflanzensud Ayahuasca. 

Wir werden die Geschichte dieser halluzinogenen Pflanzen zurückverfolgen und ihre indigene, rituell-schamanistische Verwendung als entheogene Substanzen im jeweiligen Länderkontext näher betrachten – nicht zuletzt mit einem kolonialkritischen Blick, denn Missionierung und Kolonialisierung beschränkten und veränderten vielerorts massiv die Verwendung von psychedelischen Substanzen als Teil der psychischen und körperlichen Heilung bzw. des Kontakts mit dem Göttlichen. Darüber hinaus soll aber auch – vor dem Hintergrund von so etwas wie z.B. dem immer beliebter werdenden Ayahuasca-Pilgertourismus – nach neueren und aktuellen Entwicklungen im Umgang mit der Pflanzenmedizin gefragt werden. 

Ein zentraler Aspekt, der die unterschiedlichen schamanistischen Traditionen und auch ihren heute weltweit in neuen spirituellen Kontexten stattfindenden Einsatz verbindet, ist der Begriff der transpersonalen / psychedelischen / spirituellen / mystischen Erfahrung – eine Erfahrung, deren künstlerischen Ausdrucksformen wir uns an ausgewählten Texten und in der bildenden Kunst anschauen werden, um die komplexe Verwobenheit von Pflanzen, Pilzen, Tieren und Menschen zu reflektieren.

Für die Teilnahme am Seminar sind Lektürefähigkeiten des Spanischen wünschenswert, da einige der Texte (noch) nicht in Übersetzung vorliegen. Grundsätzlich soll das Seminar aber allen Interessierten offenstehen – Lösungen lassen sich in der Regel immer finden.

Semester: SoSe 2024