Unsere tief verwurzelten Intuitionen über Leben und Lebewesen haben großen Einfluss auf aktuelle politische und ethische Debatten, von Abtreibungsrechten und Stammzellenforschung bis hin zum Tierschutz und der moralischen Stellung von Automata und künstlicher Intelligenz. In der modernen Philosophie und Biologie gibt es jedoch erhebliche Meinungsverschiedenheiten darüber, wie Leben zu definieren ist, was ein individuelles Lebewesen ausmacht, wo das Leben beginnt oder endet und welche Aspekte des Lebens ethisch relevant sind und warum.

Vor diesem kontroversen Hintergrund erscheint es besonders wertvoll zu untersuchen, wie Fragen über Leben und Lebewesen in der Vergangenheit gestellt und beantwortet wurden. 

Ziel dieses Kurses ist es, die Geschichte des Lebens und lebensbezogener Konzepte in der Antike nachzuzeichnen. Wir beginnen mit den frühesten Spekulationen über Lebewesen und enden mit den ersten Versuchen, insbesondere von Platon und Aristoteles, eine formale philosophische Definition des Lebens zu formulieren. Ziel ist es, Studierende der Philosophie und der Klassischen Philologie mit weniger erforschten, aber wichtigen antiken Texten vertraut zu machen, die sich mit Lebewesen, ihrem Ursprung und ihrer Struktur befassen.

Der Schwerpunkt liegt auf den sog. ‚großen‘ Vorsokratikern wie Empedokles, Anaxagoras, Heraklit und der pythagoreischen Tradition sowie auf weniger bekannten Autoren und Texten wie Diogenes von Apollonia und der frühen griechischen medizinischen Tradition.

Wir werden die Texte in Übersetzung behandeln und Bezug auf die relevantesten Griechischen Begriffe nehmen. Griechischkenntnisse sind nützlich, aber nicht vorausgesetzt.

Semester: SoSe 2024