„Dracula“ gab es wirklich! Vlad III. Ţepeş („der Pfähler“), auch Drăculea genannt (wohl aufgrund der Mitgliedschaft im Drachenorden Kaiser Sigismunds), war als Fürst der Walachei (mit Unterbrechungen 1448, 1456-62 und 1476) ein regional bedeutender Herrscher und wichtiger Akteur im christlichen Abwehrkampf gegen die auf dem Balkan vorrückenden Türken. Ihm gelangen 1461/62 einige spektakuläre Erfolge gegen den militärisch übermächtigen türkischen Sultan Mehmet II., den Eroberer Konstantinopels. Der ungarische König Matthias Corvinus, an dessen Hof sich Vlad geflüchtet hatte, ließ ihn aus politischem Kalkül fallen. Der ohnehin durch besondere Grausamkeit gegen Feinde und illoyale Untertanen profilierte Fürst erhielt in der humanistischen Hofhistoriographie des Corvinen seinen Ruf als diabolischer Schlächter, der in den folgenden Jahrzehnten phantastisch ausgeschmückt und ins Ungeheuerliche gesteigert wurde, bevor er schließlich die Grundlage der literarischen Vereinnahmung durch Bram Stoker (1897) bildete.

Im Proseminar bietet die durch ausgezeichnete Quelleneditionen und eine inzwischen sehr dichte Literatur gut erschlossene Lebensgeschichte des Vlad Ţepeş einen ausgezeichneten Zugang zu spätmittelalterlichen Lebenswelten und vielfältigen Problemfeldern dieser Zeit, darunter die Machtverhältnisse auf dem Balkan, Türkenbild und Türkenfurcht, (venezianische) Diplomatie, höfischer Humanismus, Gewaltökonomie und vieles mehr. Eine gute Gelegenheit, durch ein eigenes quellennahes Forschungsprojekt erste Erfahrungen in der mittelalterlichen Geschichte zu sammeln.

Semester: SoSe 2024