Man hat von „kollektiver Amnesie“, „kommunikativem Beschweigen“ und „forgetting as a way of life“ gesprochen, um das Verhältnis der Nachkriegseuropäer zu ihrer jüngsten Vergangenheit zu charakterisieren. Erst im Lauf der 1980er und 1990er Jahre fanden zuerst in der Bundesrepublik und dann in Frankreich (und vielen anderen europäischen Ländern) große öffentliche Debatten über den Umgang mit der Gewaltgeschichte des Zweiten Weltkriegs und mit dem Holocaust statt. Aber nicht nur in Europa, auch in Israel kamen die sog. „neuen Historiker“ auf die israelische Staatsgründung und das Shoa-Gedenken zurück. Warum wurden die gängigen Erinnerungen, Erzählungen und Mythen ausgerechnet damals, vier Jahrzehnte nach dem Ende des Krieges, in Frage gestellt? Wie haben diese „Historikerstreite“ die jeweiligen Erinnerungskulturen geprägt? Und warum stehen ihre Ergebnisse heute von Neuem zur Debatte?

Semester: SoSe 2024