Seit Foucaults nun vierzig Jahre zurückliegende Überwachen und Strafen sowie Sexualität und Wahrheit hat sich in den verstehenden Wissenschaften das Paradigma der kulturwissenschaftlichen Betrachtung von Kultur als Machtform auf neue Weise durchgesetzt. In dieser Vorlesung geht es daher einerseits um Geschichte der methodischen Grundlegungen von Semiotik der im Poststrukturalismus verarbeiteten Theorien des Diskurses, der Praktiken der Semiotik und Repräsentationen. Anderseits steht dies nicht für sich allein. Daher werden auch bestimmte empirische Formen wie die Repräsentationstheorie Foucaults des 18. Jahrhunderts, die Dekonstruktion Derridas mit seinem kolonialismuskritischen Begriff des europäischen Phonozentrismus, der Inzuchttheorie des Strukturalismus Lévi-Strauss‘ oder die Psychoanalyse Lacans und die Feldsoziologie Bourdieus auch als Anwendung ihrer Theorien in der sozialen und historischen Empirie unter die Lupe genommen. Sie alle haben Gendertheorien und postcolonial studies angeregt, die in Amerika von Butler die French Theory genannt wurde. Was ist ein Feld der Kultur, was ist ein Diskurs, ein Dispositiv, was unterscheidet Foucaults oder Bourdieus Kritik von einer Kritik am Kolonialismus oder Genderkritik durch Dekonstruktion und Lacan? Lyotard hatte dann 1980 das Narrativ des Marxismus mit dem Begriff der Postmoderne verabschiedet. Daher wird auch am Ende der Vorlesung Theorie und Kritik des Neoliberalismus bei Foucault mit Bourdieu bzw. der Bourdieuschule zum aktuellen Vergleich stehen, um den Begriff der Postmoderne neu zu justieren, deren Krise sich deutlich mit dem Fiasko der letzten documenta demonstrierte.


Semester: SoSe 2024