"Späne da?" – Ein dreimaliges Stampfen mit dem Eulenzepter eröffnet jede Sitzung dieser merkwürdig anmutenden Vereinigung literarisch engagierter Köpfe Berlins im 19. Jahrhundert, die sich 1827 gründete. Das SE widmet sich dieser Gesellschaft von Literaturliebhabern mit dem irritierenden Namen "Tunnel über der Spree" und als deren prominentestes Mitglied in seiner Spätphase sicherlich Theodor Fontane gelten darf. Das komplette Archiv bewahrt die Humboldt-Universität zu Berlin in den Historischen Sammlungen. Neben Protokollen und anderen Vereinsarchivalien beherbergt es in mehreren Bänden die sog. "Späne", literarische Texte, die in den Sitzungen erstmalig vorgestellt wurden. Patron der Vereinigung war Till Eulenspiegel. Und auch das Motto "Unendliche Ironie und unendliche Wehmut" verweist auf den satirischen Charakter, dem sich die Vereinsmitglieder durchaus in seiner ersten Phase unterstellten.
Neben einer literaturhistorischen und literatursoziologischen Annäherung und kritischen Bewertung dieser literarischen Vereinsmeierei im konservativen Gewand werden wir das Archiv in gemeinsamen Arbeitssitzungen in der Grimm-Bibliothek erkunden. Es wird um eine intensive Sichtung des Materials gehen, das teils nur in handschriftlich vorliegt. Entsprechend werden wir auch Zeit für editionsphilologische Grundlagen einräumen, die damit einhergehen. Welche Fragen und Perspektiven auf den Bestand sich dabei ergeben, wird das SE bestimmen. Als Arbeitsleistung ist die Transkription, Vorstellung und literaturwissenschaftliche Einordnung einer selbstgewählten Späne im Laufe des Semesters vorgesehen, die auch vertiefend in die Anfertigung einer Hausarbeit als MAP münden kann.
Die TN-Zahl ist aufgrund der speziellen Seminarkonzeption begrenzt. Einige Sitzungen werden im Grimm-Zentrum in Kooperation mit den Kolleg:innen der Historischen Sammlung stattfinden. Die Bereitschaft, sich intensiv mit Archivmaterialien zu befassen, wird vorausgesetzt. Die Einarbeitung in einen solchen Bestand kann exemplarisch aufzeigen, wie Forschungsarbeit am konkreten Material ansetzen kann und welche Herausforderungen, aber auch Erkenntnisse sich daran knüpfen. 

Bitte beachten Sie, dass das Seminar 4stündig stattfindet und prüfen Sie, ob die angegebenen Sitzungstermine für Sie in Frage kommen. Eine kontinuierliche Mitarbeit wird erwartet.

BITTE BEACHTEN: Die Vorstellung der Arbeit mit dem Archiv ist für eine Präsentation bei der Langen Nacht der Wissenschaften (22.06.2024) an prominenter Stelle vorgesehen und bereits angemeldet. Die Seminarplanung wird sich entsprechend darauf ausrichten.

Semester: SoSe 2024