Wenige Künstler im deutschsprachigen Raum des 17. Jahrhunderts waren auf dem Feld der Buchillustration so produktiv wie Matthäus Merian d.Ä. Bis heute prägen seine topographischen Radierungen unser Bild europäischer Städte und Landschaften zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Oft in enger Verbindung mit dem Frankfurter Verlagshaus Johann Theodor de Bry entstanden zahllose Bücher, die Merian mit ideenreichen, opulenten und teils rätselhaften Bildfindungen ausstattete: Bilderzyklen zur Alchemie sind ebenso darunter wie Bibelillustrationen, Vorlagen für Arabesken ebenso wie medizinische Darstellungen, Landkarten ebenso wie Historienbilder. Praktisch die gesamte Spannweite der frühneuzeitlichen Wissens- und Gebrauchsliteratur bildet sich exemplarisch in Merians Werk ab. Wie kaum ein anderes bietet es sich an, einen konzisen Überblick über Formen und Funktionen der Illustration im gedruckten Buch der frühen Neuzeit zu gewinnen. Im Seminar betrachten wir daher exemplarische Bücher, an denen Merians Werkstatt beteiligt war, diskutieren Techniken und Arbeitsprozesse, bestimmen charakteristische Bildtypen und ihre Mittel und untersuchen das Verhältnis von Bild und Text. Prämisse dabei soll sein, dass die Buchillustration der frühen Neuzeit nicht als Beiwerk des Textes verstanden werden kann, sondern eine genuine Form der visuellen Wissenskommunikation darstellt, die erst gemeinsam mit ihrer schriftlichen Umgebung eine spezifische und genau zu beschreibende Wirkdimension entfaltet. Vorgesehen sind Sammlungsbesuche und die Arbeit mit Originalen.
Semester: WiSe 2023/24