Leben bedeutet träumen. Keine andere Epoche in der europäischen Geschichte verschrieb sich mehr diesem Grundsatz als die Frühe Neuzeit. Schriften, Predigten, Berichte, Briefe, Traum- und Tagebücher sowie künstlerische Werke – das breite Spektrum an unterschiedlichen Traumdeutungen, -diskursen und -darstellungen zeugt von der Wichtigkeit der geträumten Szenen für die frühneuzeitliche Gesellschaft.
In der Frühen Neuzeit waren Träume nicht einfach nur Träume: Sie konnten Zeichen, Botschaften, Visionen, Weissagungen, Warnungen und Drohungen, Lehren sowie Ausdruck von Krankheit und Gesundheit sein. Ferner reflektierten sie den seelischen Zustand und die Frömmigkeit der Träumenden. Schließlich waren sie Kommunikationsformen zwischen dem Bewussten und Unbewussten, der natürlichen und übernatürlichen Welt. Der Traum „markierte die Schnittstelle zwischen Gott und Teufel, Himmel und Erde, Prophetie und Aberglauben, Leib und Seele, Wahrheit und Irrtum“ (Claire Gantet).
Im Projekttutorium wollen wir uns der Thematik aus (vornehmlich) geschichts- und literaturwissenschaftlicher Perspektive nähern. Durch die Diskussion von Forschungsliteratur und frühneuzeitlichen Quellen, die auch schöngeistige Texte einschließen, werden wir uns der übergeordneten Frage nach der Bedeutung des Traums und des Träumens für die frühneuzeitliche Gesellschaft und das frühneuzeitliche Individuum widmen.
- Kursverantwortliche/r: Oksana Tokmina