Das Blut Christi sei wie die rote Tinte auf einer Pergamentseite, die Jungfrau Maria wie eine Perle oder eine Glasscheibe, ihre Gebährmutter wie reiner Kristall. Die Aposteln ähneln sich mit verschiedenen Edelsteinen, aus welchen das himmlische Jerusalem gemacht wird. Der Heilige Martin bekommt in einer Vision Armbände aus Gold und Gemmen. Aber auch: das Leinen des Altartuches erinnert an die Arbeit, durch die es aus Pflanzen und aus der Erde gewonnen wurden. Solche materiellen Metaphern und Vergleiche finden sich in zahlreichen Texten aus dem Mittelalter. Und tatsächlich finden die verschiedensten Materialien in der (sakralen) Kunst des Mittelalters häufig Verwendung. Auffällig ist, dass diese Materialität oft unterstrichen wird in der Inszenierung von Materialien, die sich selbst anstatt eines Bildes darstellen.
Wie kann man ein "bloßes" Material im Bildfeld verstehen? Wann und wie kann man materielle Metaphern in der Kunstgeschichte geltend machen? Wann ist eine Perle nur eine Perle? Und worauf zielt die Imitation von teuren - oder gewöhnlichen - Materialien? Mit solchen Fragen setzt sich die Übung anhand der reichen Sammlungen der Berliner Museen, vor allem des Bode Museums und des Kunstgewerbemuseums, auseinander. Nach drei Wochen einführender Arbeit mit Quellen und Sekundärliteratur referieren Studierende über Kunstobjekte in ihrer Materialität.
- Kursverantwortliche/r: Juliette Calvarin