Nicht wenige Menschen glauben, von einem persönlichen Schutzengel begleitet zu werden, etliche andere pilgern zu Wallfahrtsorten auf der ganzen Welt, bekennen ihren Glauben auf der eigenen Haut, bauen sich Schreine mit Votivfiguren zur privaten Heiligenverehrung oder lesen jeden Tag die Losung auf ihrem Handy. Wie Menschen die christliche Religion leben, ist spätestens seit der Neuzeit plural und eigensinnig.
‚Religiöse Volkskunde‘ (P. Drews), nannte man die Forschung um 1900, die sich mit den religiösen Alltagsbezügen der Menschen vor Ort beschäftigte und Aufschluss darüber geben sollte, was eigentlich in einer Gemeinde von den Menschen als ‚Religion‘ praktiziert wird. ‚Popular religion‘ nennt man diese Alltagspraktiken heute im englischsprachigen Raum, kulturanthropologisch firmiert das Wissen über sog. autonome religiöse Praktiken von Menschen als ‚Ritualforschung‘. 
In der Übung werden wir uns mit den unterschiedlichen Konzepten auseinandersetzen, die die Alltagsreligiosität von Menschen beschreiben wollen aber noch viel wichtiger: mit den Phänomenen, die sich als Alltagsreligiosität von Menschen beschreiben lassen. Wie praktizieren Menschen eigentlich ihren Glauben? Welche Praktiken sind vielleicht sogar schwierig mit christlichen Dogmen übereinzubringen? Und was bedeutet das für diverse Religionsbegriffe?

Semester: WiSe 2023/24