Der Trend zur Autofiktion hat in den letzten Jahren nicht-weißen Autor:innen bzw. Autor:innen mit Migrationsgeschichte zu erhöhter Aufmerksamkeit verholfen. Die Rückkehr der Klassenfrage in den öffentlichen Diskurs ist ebenso eng mit dem Genre verbunden wie die Selbstkritik literarischer Institutionen. Literaturwissenschaftlich wird ein Teil der autofiktionalen Prosa mittlerweile mit einem eigenen Gattungstitel belegt und als Autosoziobiografie bezeichnet, wobei die Entstehung der Gattung zwischen migrantischen Perspektiven und akademischer Soziologie in Frankreich rekonstruiert wird. Während ein parallel zur Übung angebotenes Seminar zur Autosoziobiografie von Roman Widder eine Reihe von Autosoziobiografien der jüngeren Gegenwart sichtet, fokussiert die Übung schwerpunktmäßig auf die praktischen Anwendungsgebiete autosoziobiografischen Wissens. Unterschieden werden dabei grundlegend vier Bereiche: 1) Autosoziobiografie als literarisches Schreiben, 2) Neue Subjektivität und Postkritik im Journalismus, 3) Situiertes Wissen als Praxis akademischen Schreibens, 4) Autosoziobiografie in pragmatischen und privaten Kontexten. Auf theoretische Lektüren und soziologische Diagnosen aufbauend soll die Übung die Möglichkeit eröffnen, selbst autosoziobiografische Texte im weitesten Sinn zu verfassen und im Seminar gemeinsam zu diskutieren. Nach Möglichkeit werden außerdem aus den genannten Praxisfeldern Gäste in die Übung eingeladen.
Ein Interesse für das journalistische, wissenschaftliche oder literarische Schreiben ebenso wie die Bereitschaft zur Diskussion eigener Texte werden für die Teilnahme an der Übung vorausgesetzt. Die Übung kann zusammen mit dem von Roman Widder angebotenen Seminar zur Autosoziobiografie oder aber unabhängig von diesem besucht werden. Für die Übung ist keine MAP vorgesehen.

Semester: SoSe 2023