Der militärische Angriff russischer Truppen auf die gesamte Ukraine bedeutet nicht nur in verteidigungspolitischer Hinsicht eine Zeitenwende, wie sie Bundeskanzler Scholz am 27. Februar 2022 im Bundestag angekündigt hat. Vielmehr hat der offene, massive Krieg in Europa tiefgreifende Auswirkungen auf das wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Gefüge in allen Ländern, die unmittelbar oder mittelbar davon betroffen sind. Die Auswirkungen dieser Zeitenwende werden erst allmählich deutlich – und sie haben sehr unterschiedliche Formen und Ausmaße. Das Projektseminar bietet Gelegenheit, verschiedene Aspekte dieser Zeitenwende exemplarisch zu untersuchen. Wir werden zunächst den theoretisch-konzeptionellen Forschungsstand zum Zusammenhang von – zumal demokratischer – Politik und Krieg erarbeiten: Wie regieren politische Akteure und Institutionen auf militärische Bedrohung? Unter welchen Bedingungen kommt es zu „executive aggrandisement“ oder gar zu einer „Normalisierung“ des politischen Ausnahmezustands? Wie verändern sich demokratische Entscheidungsprozesse im Angesicht militärischer Bedrohung? Wie wirkt sich der Krieg / die Kriegsdrohung auf bereits bestehende (Re-) autokratisierungstendenzen politischer Regime aus? Auf dieser Basis werden wir studentische Forschungsprojekte konzipieren, die je nach Vorkenntnissen und Interesse der Studierenden verschiedenste Aspekte – etwa von den Auswirkungen des Kriegs auf das politische System der Ukraine bis zur Veränderung des öffentlichen Sicherheitsdiskurses in Deutschland – in den Blick nehmen können. In Teil 2 des Seminars (WS 2023/24) werden diese Projekte umgesetzt, wobei wir insbesondere Fragen zu Forschungsdesign und methodischem Vorgehen gemeinsam diskutieren werden.
Semester: WiSe 2023/24