Spielen kann als eine grundlegende menschliche Praxis gelten. In klassischen Diskursen und Praktiken wie dem Schauspiel, dem Tanz oder in der Musik wird mit dem Spiel die Hoffnung verbunden, in eine ästhetische Distanz zum Alltag zu treten, gesellschaftliche Normen subversiv zu unterlaufen und individuelle Freiheit oder gar Ganzheit in der ästhetischen Erfahrung zu ermöglichen („Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“, Schiller 1795). Spiel gilt dann als besonders relevant für Bildung und wird von Erziehung scharf abgegrenzt. In der Pädagogik wird häufig die verklärende Metapher vom spielerischen Lernen verwendet. Spiel wird dann für pädagogische Ziele instrumentalisiert. Nimmt man weitere Spiele in den Blick (Sport-, Brett-, Wett-, Strategie-, Verwandlungs-, Rollenspiele oder digitale Spiele), fällt eine genauere Bestimmung des Spiels immer schwerer. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass auch unsere soziale und digitale Lebens- und Arbeitswelt immer stärker von Spielmechanismen durchzogen ist. Der soziale und gemeinschaftliche Charakter des Spiels tritt dann deutlicher hervor. Aber: Scores und Wettbewerb dominieren nicht nur digitale Spiele. Es wird dann von Gamification (des Lernens) oder einer Ludifizierung des Sozialen gesprochen, womit das Spiel für ökonomische, politische oder pädagogische Zwecke in Anspruch genommen wird. Aus dem Spiel wird Ernst.

In diesem Seminar werden erstens pädagogische, philosophische, soziologische und ästhetische Perspektiven und Theorien des Spiels diskutiert, zweitens eine genauere Bestimmung und Kennzeichnung des Spielens als Praxis vorgenommen und schließlich nach dem Zusammenhang von Spielen, Lernen und Erziehung gefragt. Kann es überhaupt eine Pädagogik des Spiels geben?

Semester: SoSe 2023