Das Seminar nimmt das von Jörg Jochen Berns entwickelte Konzept der "Praecinematik" auf, um das Prinzip des bewegten Bildes im Inneren des mittelalterlich gedachten seelischen und zerebralen Wahrnehmungsapparats von zwei Seiten aufzuschließen: Einerseits wird es darum gehen, die Prinzipien der animierten imagines agentes aus ihrer mediengeschichtlichen Transformation heraus am Beispiel zweier filmischer Adaptationen zu entwickeln. Sie schließen mehr oder weniger deutlich an Stoffe oder Motive der Artusepik (matière de Bretagne) an, ohne dabei ein triviales "Mittelalterbild" zu reproduzieren, insofern sie dessen mediale Grundlagen aufdecken und reflektieren. Andererseits soll anhand eines Artusromans rekonstruiert werden, inwieweit die vormodernen Grundlagen der Psychologie und Physiologie der Phantasmen das mittelalterliche Erzählen von Artus beeinflussen und steuern. Ausgehen werden wir von Manoi N. Shyamalans Mind-Twister 'The Sixth Sense' (1999). Der Artusroman, den wir im Anschluss durcharbeiten werden, ist der 'Daniel von dem Blühenden Tal' des Strickers, der die Poetik Hartmanns von Aue wahrnehmungstheoretisch zu einer Art "Meta-Roman" überformt. Im dritten Teil werden wir gemeinsam versuchen, vor dem Hintergrund des Erarbeiteten ein Analysemodell für David Lowerys 'The Green Knight' (2021) zu entwickeln. Stofflich basiert er auf der mittelenglischen Artus-Romanze 'Sir Gawain and the Green Knight', aus deren Vorlage der Film eine komplexe eigene Bildwelt ableitet.


Semester: SoSe 2023