Rechnergestützte Verfahren im Rahmen kompositorischen Schaffens sind eine Facette der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Auch wenn der Computer erst in den 1950er Jahren Einzug in die Komponierwerkstätten hielt, lassen sich in der Musikgeschichte bereits bei A. Kircher, J.P. Kirnberger oder W.A. Mozart bereits kompositorische Kalküle beobachten, die eine Grundlage rationaler Durchdringung des musikalischen Schaffens markieren.
Das Seminar widmet sich von diesen Ansätzen ausgehend der Arbeit von L. A. Hiller, G. M. Koenig und I. Xenakis, die in der Mitte des 20. Jh.s die ersten computergestützten Kompositionen realisierten. Während zu Beginn die zentralen Probleme darin bestanden, musikalische Regelwerke in maschinenlesbare Codes zu überführen und durch Zufallsoperationen mögliche Verläufe zu generieren, arbeiteten sich die algorithmischen Modelle in den 1960er Jahren bereits an der stochastischen Verteilung von Klangereignissen ab.
Mit Beginn des 21. Jahrhunderts hat sich zudem nicht nur die Rechenkapazität um ein Vielfaches erhöht, sondern auch die Komplexität der zugrundeliegenden Modelle, die sich an selbstlernenden neuronalen Netzen orientieren. An diesem Punkt fragt das Seminar, was als Künstliche Intelligenz (KI) im Rahmen der Musik zu verstehen ist? Welche musikalischen Parameter verarbeitet eine KI heutzutage? Was meint es, wenn eine KI den dritten Satz von Schuberts Unvollendeter (1822) auskomponiert, wenn sie aus Klangquellen neues akustisches Material generiert und wenn sie auf der Bühne in eine live Performance eintritt? Im Seminar stehen dahingehend u. a. Arbeiten wie Jennifer Walshes ULTRACHUNK (2018) und A Late Anthology of Early Musik (2020) oder Alexander Schuberts Convergence (2020/21) zur Diskussion. Darüber hinaus flankieren auch mit Hilfe von KI generierte Popalben wie Taryn Southerns I AM AI(2018), Björks generatives Soundscape Kórsafn oder AIVAs (Artificial Intelligence Virtual Artist) erstes Album Genesis(2016) das Seminar.