Das Seminar beschäftigt sich mit Texten Bruno Latours, der die Problematik des Anthropozäns  erkenntnistheoretische perspektiviert. Seine Grundthese lautet, dass Aufklärung und Moderne einen Naturbegriff konstituiert haben, der aus Akteuren und Aktanten tote Objekte und stumme Ressourcen gemacht hat. Als Objekt ist der Regenwald im Amazonasgebiet ein Lieferant von Tropenhölzern, als Aktant ein umtriebiger Protagonist des Weltklimas. Somit sind die der ökologischen Bedrohungshorizonte Gegenwart eng mit kulturgeschichtlichen Weichenstellungen verknüpft. Anhand der drei Text Latours Kampf um Gaia (2017), Das Terrestrische Manifest (2018) und Wo bin ich? (2021) werden politische, ethische aber auch ästhetische Implikationen dieses Ansatzes diskutiert, die schlussendlich in einer Sicht des Menschen als Sphärenbewohner mündet. Mit der Verantwortung für das Gleichgewicht der planetarischen Sphären sieht sich unsere Spezies mit historisch vollkommen neuen Herausforderungen konfrontiert.

Im ersten Teil des Seminars wird den von Latour aufgeworfenen Fragen mittels kurzer Referate nachgegangen. Im zweiten Teil sind die Teilnehmenden aufgefordert, selbst ‚Kunstprojekte’ oder Exponate in den diskutierten Kontexten zu entwerfen wie zu erstellen. Dabei kann die jeweilige ästhetische Disziplin ob Text, bildende Kunst, Musik, Video, Handyfilm, Installation usw. frei gewählt werden. 

Zudem ist das Seminar mit AnthropoSCENES verbunden, einem Projekt der Berliner Universitäten – Allianz, einer Kooperation von FU, TU und HU, zur Zukunft des Wassers in Berlin und Brandenburg. Kurze Inputs von Seiten der beteiligten Wissenschaftler machen deutlich, wie Wissenschaft und Kunst lernen, angesichts der regionalen Sachlage mit der Dynamik der erdgeschichtlichen Parameter umzugehen.

Semester: WiSe 2022/23