In Drucken sowie Archivalien aus dem 18. Jahrhundert finden sich mit einer gewissen Regelmäßigkeit Hinweise auf den Aufenthalt hoher Würdenträger aus dem arabischsprachigen Nahen Osten an verschiedenen Orten in Europa. Zeitgenossen sprachen von ihnen als arabische Prinzen, Prinzen vom Berg Libanon und Prinzen aus Palästina. Sie stammten also aus Gebieten, die im 18. Jahrhundert unter der Herrschaft des Osmanischen Reiches standen. Die Spuren dieser Individuen lassen sich an großen wie kleinen europäischen Höfen, in Städten und sogar in den Nachlässen von Einzelpersonen wie dem Göttinger Theologen Johann David Michaelis (1717–1791) nachverfolgen. Besonders viele dieser Personen reisten durch das Heilige Römische Reich, wo ihre Präsenz mit Faszination, Neugier und Sympathie, aber auch mit Argwohn und Ablehnung kommentiert wurde.

Die Besuche arabischer Prinzen sowie die Reaktionen darauf werfen eine Reihe von Fragen nicht zuletzt über die für diese Zeit bisher nur rudimentär erforschten Verflechtungen zwischen dem deutschen Sprachraum und den arabischen Provinzen des Osmanischen Reiches auf. Als Forschungsproblem berührt dieses Thema so vielfältige Aspekte wie die Geschichte „internationaler“ Beziehungen, Migrationsgeschichte, Kirchen- und Religionsgeschichte, Verwaltungsgeschichte, die Geschichte von Devianz und Armut sowie die Wissensgeschichte – wobei diese Liste keineswegs vollständig ist.

Dieses Bachelorseminar bietet Ihnen die Gelegenheit, Ihre Fertigkeiten als Historiker:innen an der vordersten Front der Forschung weiterzuentwickeln. Da zur Personengruppe im Zentrum des Seminars bisher kaum Forschungsliteratur existiert, wird der Fokus vor allem auf der Einordnung in relevante Kontexte sowie der Arbeit mit einem reichhaltigen und vielfältigen Quellenkorpus liegen. Unter anderem besteht die Möglichkeit, mit digitalisierten Archivquellen zu arbeiten und in diesen Zusammenhang paläographische Fähigkeiten zu trainieren.

Die Bereitschaft zur Arbeit mit englischsprachiger Sekundärliteratur ist Voraussetzung für die erfolgreiche Teilnahme an diesem Kurs. Lesekenntnisse des Französischen sind für ausgewählte Forschungsliteratur hilfreich, aber nicht zwingend notwendig. Arabisch- und Türkischkenntnisse sind für die Teilnahme am Seminar nicht erforderlich.

Semester: WiSe 2022/23