Das jüngste Kriegsgeschehen in Europa – die russische Invasion der Ukraine – dient als Anlass, über geografische, regionale, mediale und historiographische Ansätze der Kunstgeschichte nachzudenken, die mit dem Krieg in Frage gestellt wurden. Neben einigen Einblicken in die Komplexität der historischen Entwicklung der Kunst- und Kulturlandschaft des um seine Souveränität kämpfenden Landes und in die diesbezüglichen kunsthistoriografischen Projektionen im 20. Jahrhundert steht die Aktualität des Krieges als Erfahrung und Herausforderung für die Kunst- und Bildgeschichte im Fokus. Zum einen beschäftigt sich die Vorlesungsreihe mit dem akuten Problem des bedrohten kulturellen Erbes, dessen Fragilität in einem militärischen Konflikt wieder mehr als deutlich spürbar wird. Zum anderen wird im Sinne der politischen Ikonologie und Medienkritik v.a. die Problematik der neuen Sichtbarkeit des Krieges angesprochen: Wie können und sollen in der Realzeit abrufbare Bilder von extremer Gewalt und ihren Spuren durch den (globalen) Betrachter verarbeitet werden? Wie dabei in Analogien denken, wie tragfähig oder trügerisch sind historische Vergleiche? Inwieweit verpflichten diese Bilder insgesamt zu einer neuen Augenzeugenschaft, wie emphatisch oder anästhetisch kann der Blick sein? Die Vorträge werden ebenfalls aufzeigen, wie zirkulierende Bilder und Videos zu effektiven ikonischen Waffen in einem Krieg avancieren, der auch ein Informationskrieg ist. In diesem Sinne wird im Rahmen der Ringvorlesung eine fachübergreifende, kunst- und bildhistorische, kulturtheoretische und philosophische Reflexion zum Thema angestrebt.

Semester: WiSe 2022/23