Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat seit dem 24. Februar 2022 nicht nur die weltpolitische Lage verändert, sondern auch die kulturwissenschaftliche Osteuropa-Forschung tief erschüttert. Seitdem wird eine intensive publizistische und wissenschaftliche Debatte darüber geführt, wie der Krieg eigene Perspektiven und bisherige Forschungsansätze herausfordert. Was aber bedeutet die geforderte ‚Dekolonisierung‘ der Osteuropastudien? Welche Zusammenhänge bestehen zwischen politischer Ausrichtung, gesellschaftlicher Verfasstheit, historischen Hintergründen und künstlerischen Werken einer Region? Wie prägen biographische Herkunft, Familiengeschichten und kollektive Erfahrungen eigene Subjektpositionen? In dem Seminar sollen ausgehend von der Gegenwart zentrale wissenschaftliche Positionen und theoretische Debatten über das postkommunistische Osteuropa, insbesondere über den postsowjetischen Raum diskutiert und ausgewählte Literatur und Filme der letzten Jahrzehnte näher betrachtet werden. Ziel des Seminars ist es, ein besseres Verständnis der „postkommunistischen Lage“ (Boris Groys) zu gewinnen und zugleich eine differenzierte Reflexion über die „polyphonen Dichotomien“ (Tanya Zaharchenko) im Osten Europas zu ermöglichen.

Semester: WiSe 2022/23