Das Private ist politisch, so ein wirkmächtiger feministischer Slogan. Er prangert unter anderem an, dass nach wie vor ein Großteil der unentlohnten Care-Arbeit von FLINTA* übernommen wird. Und er fordert, etwas daran zu ändern. Dem scheint die liberale Vorstellung einer privaten Sphäre freier Entscheidungen entgegenzustehen. Etwas verkürzt: Das Private, inklusive der Frage, wer wie viel Care-Arbeit macht, ist privat. In diesem Seminar werden wir zentrale Texte liberaler Familienkritik diskutieren, um auszuloten, inwiefern liberale Theorien dennoch feministisch sein können. Wir werden unter anderem über die (liberale) Kritik der Trennung von öffentlicher und privater Sphäre sprechen, über die Forderung staatlicher Neutralität, und über die Freiwilligkeit individueller Entscheidungen. Im Zuge der Diskussionen werden wir verschiedene Formen des Liberalismus unterscheiden und deren Charakteristika und normativen Grundannahmen herausarbeiten. Dabei werden sich auch Grenzen zeigen: Welche Fragen lassen sich im Rahmen liberaler Theorien gar nicht erst stellen? Welche Phänomene geraten nicht in den Blick? Sind die getroffenen Annahmen plausibel und sinnvoll? Laufen liberale Theorien Gefahr, blind für Macht- und Herrschaftsstrukturen zu sein? Wenn ja, aus welchen Gründen? Der Kurs eignet sich als Einstieg in politische und feministische Theorie, setzt aber die Bereitschaft voraus, englischsprachige Texte zu lesen.

Semester: WiSe 2022/23